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»Wenn der Irak etwas genug hat, sind es Waffen«

Gysi in Bundestagsdebatte: Am Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen über deutsche Waffenlieferungen zu reden, ist »stillos«

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bundestag unterstützt die militärischen Lieferungen an die irakischen Kurden. Nur die LINKE erwies sich als konsequente Gegnerin solcher Exporte und militärischer Interventionen.

In mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich war die Sondersitzung des Bundestages. Zum einen kamen die Abgeordneten erstmals zusammen, um über deutsche Waffenexporte an eine aktive Kriegspartei zu beraten. Zum anderen waren die drei Entschließungsanträge von Koalition, LINKEN und Grünen, über die abgestimmt wurde, symbolischer Natur. Denn die Waffenlieferungen an die nordirakischen Kurden waren längst abgesegnet. Zudem jährte sich der Überall auf Polen durch die deutsche Wehrmacht am Montag zum 75. Mal.

Die Kanzlerin ging in ihrer Regierungserklärung ausführlich auf den 1. September 1939 ein. Deutschland trage die geschichtliche Verantwortung und dazu bekenne sich die Bundesregierung, so Merkel. Die Kanzlerin vermied es in den ersten zehn Minuten ihrer Rede tunlichst, die umstrittenen Waffenexporte zu erwähnen. Nach langen Exkursen über den Krieg in der Ukraine und vergangene Kontroversen über Bundeswehreinsätze in Jugoslawien oder Afghanistan leitete die, für ihr Konzept der strategischen Demobilisierung bekannte Regierungschefin auf die aktuelle Diskussion über. Kein Konflikt lasse sich nur militärisch lösen. Doch es gebe »Situationen, in denen nur noch militärische Mittel helfen, um wieder diplomatische Optionen zu haben«. Zwar sei der Waffenexport »eine Entscheidung, die sorgsam abzuwägen ist«. Durch Waffen aus Bundeswehrbeständen habe man die Chance, »weitere Massenmorde in Irak zu verhindern«. Schließlich versprach Merkel »die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen«.

Gregor Gysi, der als Chef der größten Oppositionsfraktion direkt nach der Kanzlerin redete, kritisierte es als »stillos«, am Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen über Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet zu diskutieren. Gysi forderte, deutsche Waffenexporte generell zu verbieten. Er rügte, dass man den Bundestag in dieser Frage lediglich debattieren lasse: »Wir sind das höchste Organ und wir hätten entscheiden müssen.« Er bezweifelte den Sinn der Lieferungen: »Wenn der Irak etwas genug hat, sind es Waffen«. Allerdings seien deutsche Ausfuhren in Kriegsgebiete nichts Neues. Die Linksfraktion fordert die Regierung auf, umgehend die Befassung des UN-Sicherheitsrat zu fordern, um - gemäß deren Charta - den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren.

Dann machte Gysi eine bemerkenswerte Rechnung auf: Während die Waffen, die man an die Kurden liefern wolle, 70 Millionen Euro wert seien, würden für Hilfsgüter nur 50 Millionen ausgegeben.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wies diesen Vorwurf zurück. »Wir werden dafür sorgen, dass die humanitäre Hilfe immer höher als die militärische ist«, versprach er. Allerdings musste er einräumen, dass diese Waffen »keinen Rückholschein« hätten. Damit gab der Sozialdemokrat jenen Warnern recht, die fürchten, dass die Kurden die Waffen später einsetzen könnten, um sich vom irakischen Zentralstaat unabhängig zu machen. Oppermann relativierte diese Vorwürfe. Die Gefahr eines fortgesetzten Völkermordes sei größer, als das Risiko durch exportierte Waffen. Der Grünen Fraktionschef Anton Hofreiter offenbarte in seinen elf Minuten Redezeit, wie gern die Grünen dem Entschließungsantrag von Union und SPD zugestimmt hätten. Doch da die ehemaligen Pazifisten derzeit Oppositionspartei sind, hatten die Grünen einen eigenen Antrag erarbeitet. Ausdrücklich lobte Hofreiter die Luftschläge der USA in Nordirak und betonte: »Der Einsatz militärischer Mittel ist manchmal auch geboten«.

Wer mit Bauchschmerzen Kriegseinsätzen zustimmt, hat im Zweifelsfall auch nichts gegen die Ausfuhr von Kriegsgerät. Man müsse aber jeden Einzelfall betrachten, so Hofreiter. Denn »Waffen könnten der Treibstoff für künftige innerirakische Konflikte sein«. Nicht mehr als eine Fußnote war die Abstimmung zu den Anträgen. Mit großer Mehrheit ging der Regierungsentwurf durch.

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