Französische Linke einig gegen Hollande
Proteststimmung gegen Regierung der Sozialistischen Partei beim Pressefest der »Humanité«
Die Ablehnung der Politik der Sozialistischen Partei (PS) steigt in Frankreich immer stärker. Dies wurde auch beim Pressefest des einstigen Zen-tralorgans der französischen Kommunisten (PCF) »l’Humanité« (Menschlichkeit) am Wochenende in Le Bourget bei Paris deutlich.
»Wir haben Hollande 2012 gewählt, weil wir uns von einem linken Präsidenten und einer linken Regierung eine linke Politik im Interesse der arbeitenden Menschen versprochen haben«, sagt Adrean Vidalis. Er ist Versicherungsangestellter und kommt regelmäßig zum Huma-Pressefest. Der Kommunistischen Partei gehöre er aber nicht an. Präsident François Hollande habe fast keine seiner Wahlzusagen eingehalten. »Damals hat er erklärt, das Finanzkapital sei sein Hauptgegner und er liebe nicht die Reichen. Doch tatsächlich hat er den Unternehmern 40 Milliarden Euro zugeschanzt und im Gegenzug die Steuern für die Masse der Franzosen erhöht. Das ist doch keine linke Politik!«, echauffiert sich Vidalis.
Auch der Eisenbahner Patrick Cohen ist verbittert über die Politik dieser Regierung, an der »nichts, aber auch gar nichts mehr links ist«. Im Juni hat er zwei Wochen lang gestreikt und dabei einen Großteil seines Monatslohns verloren. »Doch das musste sein, um deutlich zu machen, dass wir dagegen sind, dass der öffentliche Dienst wie unser Bahnunternehmen SNCF schrittweise privatisiert wird«, so Cohen.
Moussa Camara ist Vorsitzender eines Bürgervereins in der Pariser Arbeitervorstadt Cergy. Er nimmt Hollande und der PS besonders übel, dass sie - wie rechte, aber auch andere linke Regierungen vor ihnen - »die Zusage für das Wahlrecht für Ausländer bei Kommunalwahlen nicht einhalten, sondern wieder einmal auf die lange Bank schieben«.
Wenige Tage bevor Premier Manuel Valls in der Nationalversammlung die Vertrauensfrage stellen wird, hatte der PCF-Nationalsekretär Pierre Laurent am Sonnabend auf dem Pressefest führende Politiker und Abgeordnete der Linksfront aus Kommunisten und Partei der Linken, aber auch regierungskritische Abgeordnete der PS und der Partei der Grünen zu einem Essen eingeladen. Dabei erklärte Laurent: »Die Politik dieser Regierung führt in die Sackgasse. Wir müssen gemeinsam nach neuen Wegen suchen. Dabei können wir mit unserer Kritik und unseren Alternativvorschlägen nur Erfolg haben, wenn wir eine möglichst breite linke Front bilden.« Laurent will die Kräfte links von den Sozialisten und selbst vom linken Flügel der PS zusammenführen, schätzt Roger Martelli, einst Mitglied der PCF-Führung und vor Jahren aus Protest ausgetreten. »Auch wenn die PCF heute stark geschwächt ist, so kann sie doch den Dreh- und Angelpunkt dieser Sammlung bilden. Dabei muss man verhindern, dass die unterschiedlichen Sensibilitäten zu einem Bruch führen wie in Spanien zwischen Izquierda Unida und Podemos. Das wäre eine Katastrophe.«
Jean-Luc Mélenchon, der an dem Essen teilgenommen hatte, erklärte kurz darauf: »Ich glaube nicht an eine solche bedingungslose Sammlung der Linken. Worauf es jetzt ankommt, ist die Mobilisierung der Volksmassen.« So soll eine neue, sechste Republik erzwungen werden, die die übergroße Machtfülle des Präsidenten beschneidet, dem Parlament mehr Rechte einräumt und Mechanismen »direkter Demokratie« durch die Bürger einführt. »Dabei sind wir in den Augen der arbeitenden Menschen nur glaubhaft, wenn wir nichts, aber auch gar nichts mit denen zu tun haben, die heute regieren und die sie enttäuscht und verraten haben«, so Mélenchon.
Die immer am zweiten Septemberwochenende stattfindende »Fête de l’Humanité« war trotz der massiven Kritik an der Regierungspolitik aber ein lebhaftes und buntes Volksfest, das wieder Zehntausende Besucher mit Bands wie den Scorpions, Massive Attack oder Bernard Lavilliers anlockte. Auch Jérôme Kerviel, der wegen Spekulationsgeschäfte als Mitarbeiter der französischen Großbank Société Générale zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und erst in der vergangenen Woche vorzeitig entlassen wurde, besuchte mit Mélenchon die »Fête« und erfuhr erneut Solidarität von der Linken.
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