Drittstaaten sollen draußen bleiben

Anrainer des Kaspischen Meeres einigten sich auf ihrem Gipfel im südrussischen Astrachan

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Öl, Gas und eine militärstrategisch interessante Lage - Verhandlungen der Anrainer des Kaspischen Meeres bergen eine Menge Konfliktstoff.

Die politische Deklaration, die die Kaspi-Anrainer am Montag auf ihrem vierten Gipfel im südrussischen Astrachan verabschiedeten, sei der »Eckstein« für eine Konzeption, die den rechtlichen Status des weltweit größten Binnengewässers regelt. Sie soll, so Gastgeber Wladimir Putin, bereits 2015 unterzeichnet werden. Der politische Wille zur Vertiefung der Kooperation, vor allem bei Sicherheit und Wirtschaft, sei bei allen fünf Staatschefs vorhanden, zitierte ITAR/TASS den russischen Präsidenten.

Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail und auf Experten, die für das Kleingedruckte zuständig sind, wartet noch jede Menge Arbeit. Denn über die Modalitäten für die einvernehmliche Teilung der Kaspi-See, in deren Schelf bis zu 18 Milliarden Tonnen Öl und Gas vermutet werden - nach den Vorkommen im Persischen Golf die zweitgrößten weltweit -, streiten die Anrainer seit Ende der Sowjetunion 1991.

Zwar haben Russland, Kasachstan und Aserbaidschan die Nordhälfte bereits nach dem sogenannten Mittellinien-Prinzip unter sich aufgeteilt. Dabei werden die Grenzen entlang einer gedachten Linie gezogen, die in gleichem Abstand zu den jeweiligen Küsten verläuft. Turkmenistan und Iran dagegen bestehen auf Teilung in fünf gleiche Sektoren. Nach dem Mittellinienprinzip würden sie statt jeweils 20 Prozent nur 17 bzw. elf bekommen.

Mehrere Lagerstätten sind daher umstritten, darunter auch solche, in denen die Förderung, teilweise mit Beteiligung westlicher Konzerne, bereits angelaufen ist. Bis zur Neuregelung gelten die vom Zarenreich und der Sowjetunion mit Iran ausgehandelten Grenzverträge. Sie untersagen Drittstaaten den Zugriff auf die Ressourcen der Kaspi-See und die Schifffahrt.

Wie genau der in Astrachan ausgehandelte Kompromiss aussieht, um den die fünf Außenminister noch in der Nacht zu Montag rangen, ist noch unklar. Fest steht nur, dass auch laut neuer Konvention die Anrainer keine militärische Präsenz von Drittstaaten auf ihrem Gebiet dulden werden. Dazu drängen die USA vor allem Aserbaidschan. Bisher vergeblich.

Gegen ausländische Militärpräsenz legten sich vor allem Moskau und Teheran ins Zeug. Die Verhandlungen, so ein Teilnehmer, seien »extrem schwierig« gewesen. Weitgehend einig war man sich, dass bei der Bekämpfung von Terrorismus, Drogen- und Waffenschmuggel, illegaler Migration, Piraterie und Raubfischerei ein engerer Schulterschluss erforderlich ist. Den Rechtsrahmen schafft ein schon 2010 beim Kaspi-Gipfel im aserbaidschanischen Baku unterzeichnetes Abkommen, das am Wochenende in Kraft trat.

Auf dem Gipfel wurden zudem mehrere Abkommen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der biologischen Ressourcen sowie zur gemeinsamen Beseitigung der Folgen von Ausnahmesituationen unterzeichnet. Bei Havarien auf Bohrplattformen würde das hochsensible Ökosystem der abflusslosen Kaspi-See kollabieren.

Gemeinsam setzten die fünf Staatschefs in einem symbolischen Akt auch Störleich in die Wolga aus. Weil die Bestände durch Umweltverschmutzung und Überfischung seit 1960 dramatisch gesunken sind, untersagte die UNO-Artenschutzkommission 2005 allen Anrainern - mit Ausnahme Irans - den Export von Stör und schwarzem Kaviar. Russland hatte ein Teilverbot schon 2000 eingeführt, es wird von Raubfischern jedoch unterlaufen.

Regionale Verkehrsprojekte wurden in Astrachan ebenfalls erörtert. Darunter eine Kaspi-Ringbahn und die Anbindung des iranischen an das russische Schienennetz. Die Strecke soll über Aserbaidschan führen.

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