Piloten streiken - Lufthansa mauert
Konzern drängt weiter auf Kostensenkung und Profit
Die sichtbaren Streikfolgen hielten sich am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen in Grenzen. An den Terminals herrschte »Business as usual«. Annulliert wurden laut Anzeigetafeln bestreikte Lufthansa-Flüge nach Nordamerika mit Zielen wie Atlanta, New York, Chicago, Detroit, Dallas, Los Angeles oder Washington, die hier üblicherweise am Vormittag starten. Am Abend waren die Flüge Richtung Fernost an der Reihe. Teils setzte die Lufthansa kurzfristig Führungskräfte mit Pilotenschein in den bestreikten Fliegern ein. Gestrandete Passagiere waren nicht zu sehen, schließlich waren die meisten per Telefon, SMS oder Mail informiert worden.
Weil der Streik auf einen Tag befristet war, hatte der VC diesmal auf eine Kundgebung vor der nahen Lufthansa-Zentrale verzichtet. Man wolle den Mitgliedern die langen Anfahrtswege zum Airport ersparen und die Möglichkeit geben, am Mittwoch ausgeruht den Flieger zu besteigen, so VC-Vorstand Markus Wahl. Er hielt am Dienstag im Terminal 1 die Fahne seiner Organisation hoch und stand Journalisten Rede und Antwort.
Wahl bemängelte auf »nd«-Anfrage, dass sich das Management in den Verhandlungen um die Regelung der betrieblichen Alters- und Übergangsversorgung für ältere Piloten »bei den Kernforderungen nicht bewegt« und teils noch Verschlechterungen vorgelegt habe. »Da ist kein ernsthafter Wille zu einer Lösung erkennbar«, so Wahl. Der Konzern hatte den entsprechenden Tarifvertrag bereits 2013 gekündigt. VC möchte im Prinzip die bestehenden Regelungen für einen vorzeitigen Ruhestand auch für neu Eingestellte behalten, während den Konzernchefs für die künftige Übergangsversorgung ein rein »arbeitnehmerfinanziertes Modell« vorschwebt.
Die Piloten argwöhnen, dass es die Großaktionäre, allen voran die US-Investmentfirma Blackrock, auf die Rückstellungen für die Versorgung der Piloten in Höhe von rund einer Milliarde Euro abgesehen haben. Die Vermutung liege nahe, dass es um Profitmaximierung und eine Ausschüttung dieser Gelder als Dividende gehe, so Wahl. Gäben die Piloten jetzt nach, so träfe dies auch andere Berufsgruppen und löse eine allgemeine Abwärtsspirale bei Löhnen und Sozialleistungen aus. »Wir haben nach teils jahrelangen Verhandlungen derzeit 15 offene Tarifbaustellen«, so Wahl. Anders als in früheren Jahrzehnten lege das Management keinen Wert mehr auf ein »Miteinander« und Kompromisse. Auf Dauer lasse sich ein Betrieb aber nicht gegen die Mitarbeiter führen. Unter den Piloten habe sich aufgrund mangelnder Wertschätzung durch das Management gedrückte Stimmung breit gemacht, so Wahl. »Man fühlt sich verschaukelt.«
Anfang vergangener Woche war das Management beim Frankfurter Arbeitsgericht mit dem Antrag auf eine einstweilige Verfügung gescheitert. Darin sollte VC zur Einhaltung einer Ankündigungsfrist von mindestens 48 Stunden vor Streikbeginn verpflichtet werden. »Dies war der vierte untaugliche Versuch, den Konflikt in den Gerichtssaal zu verlagern und zu ersticken, statt sich am Tariftisch zu bewegen«, resümiert der Verband.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.