Vertiefung vertagt
Oberstes Verwaltungsgericht will Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes abwarten
Das Bundesverwaltungsgericht hat am Donnerstag in Leipzig das Verfahren zur Elbvertiefung ausgesetzt. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg dazu wird für das Frühjahr 2015 erwartet. Erst danach kann in Leipzig anhand der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs weiter zur Vertiefung der Elbe verhandelt und abschließend entschieden werden.
Maßgeblich für die Entscheidung in Luxemburg sind vier Fragen, die die Richter des siebenten Senats des Bundesverwaltungsgerichts im Juli 2013 formuliert hatten, nachdem sie zuvor über die Vertiefung der Weser verhandelt hatten. Die Fragen betreffen das Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. In diesem Sommer nun musste der Senat über die Ausbaggerung der Elbe entscheiden. Der Vorsitzende Richter Rüdiger Nolte befand am Donnerstag, dass die Fragen, die sich bei der Weser stellten, auch auf die Elbvertiefung zutreffen.
Die Richter hielten auch die Ergänzungsbeschlüsse vom Oktober 2013 für unzureichend, mit denen die Hansestadt Hamburg und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ihre Planfeststellungsbeschlüsse nachgebessert hatten. Das ist insofern interessant, als die Richter eben diese Ergänzungsbeschlüsse gefordert hatten, um nicht auf ein Urteil aus Luxemburg warten zu müssen. Sonst hätten die fünf Richter schon im vergangenen Jahr das Verfahren ohne mündliche Verhandlung ausgesetzt.
So hatten die Elbeplaner in den Beschlüssen vorauseilend eine Verschlechterung der Gewässerqualität durch die Elbvertiefung aufgenommen. Der Richter Nolte schätzte jetzt allerdings ein, dass die Hilfswasserprüfung, die für diese Ergänzungsbeschlüsse angestellt worden war, »nicht tragfähig« sei. Die angewandten Kriterien seien nicht ausreichend definiert worden. »Das ist nicht hinreichend geschehen«, so Nolte. Damit haben die Ergänzungsbeschlüsse ihr Ziel, die Aussetzung des Verfahrens zu verhindern, verfehlt. Sie waren im Anschluss an die Entscheidung zur Weservertiefung ergangen, bei der ebenfalls die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung beteiligt war.
Die Zeit bis zur Luxemburger Entscheidung dürfte nicht ausreichen, damit Hamburg jene Mängel beheben kann, die der siebente Senat bei dem Planungen zum Ausbau der Elbe sieht. Die fünf Richter befanden, dass aus ihrer Sicht die Planfeststellungsbeschlüsse an verschiedenen Mängeln litten - bei den Untersuchungen des Vorhabens auf die Auswirkungen auf die Umwelt, was als FFH- und Umweltverträglichkeitsprüfungen bezeichnet wird. »Diese Mängel sind aber behebbar und führen weder einzeln noch in ihrer Summe zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse«, erläuterte Nolte. Diese Einschätzung der festgestellten Mängel unterscheidet sich damit grundlegend von den Mängeln, die die Richter bei den Planungen zur Weservertiefung entdeckt hatten.
Damals hatte Nolte »durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses« geäußert. »Diese Bedenken würden in einer abschließenden Entscheidung im gegenwärtigen Zeitpunkt zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen«, hatte Nolte damals ausgeführt.
Für die Nachbesserungen an den vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfungen wird allerdings Zeit benötigt, da zum Beispiel Forschungen während der Brutzeit von Vögeln angestellt werden müssen. Dafür dürfte mindestens eine Frist bis zum Jahr 2016 nötig sein.
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) enthielt sich am Donnerstag eines Kommentars über das Urteil und erklärte - nicht ohne eine gewisse Dramatik: »Die Flüsse sind die Lebensadern Europas. Das Schicksal vieler Millionen Bürgerinnen und Bürger Europas wird von der Auslegung der Wasserrahmenrichtlinien durch den EuGH abhängen.« Dietrich Wersich, CDU-Fraktionschef in der Hamburgischen Bürgerschaft, kritisierte den Senat scharf: »Das ist ein Desaster für den Hamburger Hafen und unsere ganze Wirtschaft.«
Der hafenpolitische Sprecher der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Norbert Hackbusch, erklärte, das Urteil zeige, dass auch beim Bundesverwaltungsgericht schwerwiegende Bedenken bestünden. Die LINKE sei gegen eine »weitere Elbvertiefung, weil sie weitreichende ökologische Folgen hat, mit sehr hohen Kosten verbunden ist und für Hamburgs Hafen keine dauerhafte Lösung darstellt«. Hamburgs Hafen solle sich auf seine Stärken besinnen und »an zukunftsfesten Lösungen im Rahmen einer Hafenkooperation arbeiten«.
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