TTIP gefährdet Rechte der Kommunen

Spitzenverbände lehnen Freihandelsabkommen ab

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.

Bundesweit protestieren auch Kommunalparlamente und Verwaltungschefs gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA und verweisen auf zu erwartende negative Folgen für ihre Verantwortungsbereiche. »Kommunale Organisationsfreiheit bei der Daseinsvorsorge – Ausnahme von Marktzugangsverpflichtungen gewährleisten!« lautet die zentrale Forderung der kommunalen Spitzenverbände Städtetag, Landkreistag, Städte- und Gemeindebund und anderer.

Dahinter steckt die Befürchtung, dass im Gefolge von TTIP, CETA und TISA »typische kommunale Dienstleistungen« – es geht um Trinkwasser, Abwasserentsorgung, Verkehr, Sozialdienste, Krankenhäuser oder Kultur – den »Regeln zur Liberalisierung unterworfen werden« und somit die »bisher politisch bewusst nicht liberalisierten Bereiche der Daseinsvorsorge« und letztlich die kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt werden könnten. Die Verbände fordern, »dass die kommunale Daseinsvorsorge von den Marktzugangsverpflichtungen im TTIP und allen weiteren Freihandelsabkommen ausgenommen wird«, so ein Kernsatz des dreiseitigen Papiers.

Seit Jahresbeginn hatten sich die Spitzen etlicher Kommunen bereits in diesem Sinne positioniert. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) etwa hatte sich nach einem entsprechenden Stadtratsbeschluss im Mai verpflichtet, bei Bundestag und Städtetag darauf hinzuwirken, dass durch TTIP »die kommunale Organisationsfreiheit nicht beeinträchtigt« wird. Demnach sollte die »kommunale Daseinsvorsorge vollständig aus den Verhandlungen ausgeklammert« und »für mehr Transparenz bei den Verhandlungen« gesorgt werden.

Nun bringt das am 1. Oktober veröffentlichte Positionspapier der Verbände auch Rückenwind für Kommunalpolitiker, die in ihren Gremien auf eine Positionierung drängen. So schloss sich dieser Tage auch der Kreistag des CDU-dominierten Rhein-Hunsrück-Kreises mit sehr breiter Mehrheit dem Lager der Kritiker an. Einen Antrag auf Ablehnung von TTIP, CETA und TISA in der vorliegenden Form hatte die Linksfraktion eingebracht. Zunächst mussten die Antragssteller allerdings den Versuch der CDU-Fraktion abwehren, den Antrag von der Agenda zu nehmen. Diese Absicht scheiterte nur knapp.

Bei der anschließenden Antragsberatung verteidigte die LINKE-Kreistagsabgeordnete Alexandra Erikson das Begehren ihrer Fraktion mit dem Hinweis auf die Gefährdung der kommunalen Daseinsvorsorge. »Wir dürfen nicht abwarten, bis uns alles auf den Kopf fällt«, so Eriksson. Im weiteren Verlauf der Debatte mutierte selbst der CDU-Fraktionschef vom Antragsgegner zum Befürworter: Erikson hatte ihn auf den Beschluss der Kommunalen Spitzenverbände hingewiesen, die als Anlage zum Antrag den Kreistagsmitgliedern zugegangen war.

Ähnliche Beschlüsse trafen in den vergangenen Monaten auch andere Kommunalparlamente, so etwa die Kreistage von Groß-Gerau (Hessen), Vorpommern-Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) und Oder-Spree (Brandenburg), die Regionalversammlung der Region Hannover (Niedersachsen) sowie die Stadtparlamente von Kassel und Marburg (Hessen) und Solingen (NRW). Auch die im Planungsverband Oberland zusammengeschlossenen bayerischen Landkreise Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen und Weilheim-Schongau lehnten das Freihandelsabkommen TTIP ab.

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