Hendricks: Klimaziele sind noch zu erreichen
Zur Stabilisierung des Weltklimas will Deutschland international voranschreiten / Forscher fordert Abkommen mit »Nutzungsrechten an der Atmosphäre«
Berlin. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hält die Ziele der Weltgemeinschaft im Kampf gegen den Klimawandel weiter für erreichbar. Noch habe man die Chance, durch entschlossenes Handeln in den kommenden Jahrzehnten die globale Erwärmung zu begrenzen und die Auswirklungen »noch in einem einigermaßen beherrschbaren Rahmen zu halten«, sagte sie am Montag in Berlin mit Blick auf den jüngsten Sachstandsbericht des Weltklimarates.
Hendricks verwies auf das international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Schon eine Erwärmung in dieser Größenordnung werde gravierende Folgen für die Welt haben, warnte sie. Deutschland erwäge, zur Reduzierung klimaschädigender CO2-Emissionen die Zahl seiner Kohlekraftwerke zu verringern.
Der Weltklimarat IPCC hatte am Sonntag seinen jüngsten Bericht vorgelegt. Darin zeichnet das Wissenschaftlergremium ein drastisches Bild der Klimawandel-Folgen für die Menschheit. Unter anderem wird vor Hungersnöten und gewaltsamen Konflikten infolge der Erderwärmung gewarnt.
Klimaforscher Ottmar Edenhofer sagte, die Menschen hätten noch die Wahl zwischen einer Erwärmung der Welt um zwei Grad oder um vier Grad. Die Chancen, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, bestehe aber nur noch für die nächsten zwei bis drei Dekaden, erklärte der Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. In der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts gelte es nur noch, sich an die veränderte Natur anzupassen. Eine Verhinderung sei dann nicht mehr möglich.
Edenhofer forderte eine internationales Klimaschutzabkommen, das »Nutzungsrechte an der Atmosphäre« für die Staaten regelt. In der Atmosphäre sei nur begrenzt Platz für Kohlendioxid-Emissionen. Sie müssten einen hohen Preis haben, »um die Knappheit des 21. Jahrhunderts zum Ausdruck zu bringen«. Nur eine Reform des europäischen Emissionshandels reiche hier nicht aus, sagte Edenhofer. Alle wichtigen Emittenten müssten mitmachen. Die Staaten wollen beim UN-Klimagipfel 2015 in Paris ein neues Klimaschutzabkommen beschließen. Edenhofer äußerte sich skeptisch darüber, ob darin bereits Absprachen zur Verteilung der Emissionen enthalten sein werden.
Hendricks unterstrich die Vorreiterrolle Deutschlands und der Europäischen Union beim Klimaschutz. Sie erwarte schnelle Gesetz-Initiativen der EU-Kommission, um das kürzlich vereinbarte Ziel zu erreichen, den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
Deutschland hat sich verpflichtet, dieses Ziel bereits 2020 zu erreichen. Nach Einschätzung von Forschern wird es bei den derzeitigen Maßnahmen aber nur eine Reduktion von 33 Prozent geben. Hendricks kündigte daher im Sommer ein Klimaschutzpaket an, dass nach ihren Angaben am 3. Dezember vom Kabinett beschlossen werden soll. Um die Lücke zu schließen werde man nicht daran vorbeikommen, die Stromproduktion aus Kohle abzubauen, sagte sie. Weiterer Schwerpunkt des Pakets sei die energieeffiziente Gebäudesanierung. Details wollte die Ministerin mit Verweis auf die laufende Ressortabstimmung nicht nennen. Sie sei zuversichtlich, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Reduzierung von Kohlekraftwerken bis Dezember Vorschläge vorlegen werde.
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) kündigte an, die Forschung an klimafreundlichen Energien weiter zu stärken. Die Entwicklung und Nutzung der LED-Technologie und energiesparender Automaten - beispielsweise Ticket- und Geldautomaten - seien bereits gute Beispiele. Wanka kündigte an, aus der Fülle von Forschungsvorhaben in dem Bereich bis Jahresende zwei bis vier Großprojekte zu definieren, um Mittel zu konzentrieren. An der Erforschung energieeffizienter Technologien oder Speichermöglichkeiten beteiligen sich nach ihren Angaben 180 deutsche Hochschulen.
Die Grünen haben ein rasches Vorgehen gegen den Klimawandel angemahnt und von der Bundesregierung eine Vorreiterrolle gefordert. »Es muss endlich dringend gehandelt werden«, sagte Grünen-Chefin Simone Peter am Montag in Berlin. »Es ist fünf vor zwölf. Wir haben die Möglichkeit, jetzt umzusteuern.« Die Mahnungen sollten ernst genommen werden, und Deutschland solle wieder entschieden vorangehen. Agenturen/nd
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