Vorerst klare Führung für Ponta
Premier gewann erste Runde der Präsidentenwahl / Stichwahl-Gegner Johannis gebärdet sich als »normaler Rumäne«
Gerade hatten die ersten Ergebnisse den sozialdemokratischen Premier Victor Ponta in der Nacht zum Montag mit 40,33 Prozent wie erwartet zum klaren Gewinner des ersten Wahlgangs der Präsidentenkür in Rumänien erklärt, da mahnte der Etappensieger auch schon zur Vorsicht. Die Stichwahl am 16. November werde wie im Fußball wieder bei »Null zu Null« beginnen, warnte der 42-Jährige mit auffallend ernster Miene seine Anhänger. Auch sein Rivale Klaus Johannis gibt sich kämpferisch.
Er werde sich nun vor allem um die Wähler der zwölf ausgeschiedenen Kandidaten bemühen, so Ponta in der Wahlnacht: »Ich werde versuchen, sie zu repräsentieren.« Während sich Ponta zumindest rhetorisch schon einmal in der Rolle des versöhnenden Landesvaters übte, geht sein Rivale, der Siebenbürger Sachse Johannis (30,44 Prozent), zum Angriff über. Denn trotz eines Rückstands von fast 10 Prozent fühlt sich der 55-Jährige Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt) noch keineswegs geschlagen. Seine Landsleute hätten nun die Wahl zwischen einem »normalen Rumänien« oder einem »Rumänien der Skandale und Lügen«, so der vom bürgerlichen Wahlbündnis ACL nominierte Johannis: »Ich bin der einzig verbliebene Kandidat, der den Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz garantiert. Es ist noch eine Schlacht zu schlagen. Und die werden wir gewinnen.«
Der Vorsprung für den Favoriten Ponta scheint groß. Aber tatsächlich ist der Sieg für den Chef der sozialdemokratischen PSD keineswegs ausgemacht. Die meisten der gescheiterten Kandidaten wie der ehemalige Premier Calin Tariceanu (5,4 Prozent), die vom scheidenden Amtsinhaber Traian Basescu unterstützte Elena Udrea (5,18 Prozent) oder die frühere Justizministerin Monica Macovei (4,46 Prozent) sind dem bürgerlichen Lager zuzuordnen. Und damit ist klar: Unabhängig von den Empfehlungen der gestrauchelten Kandidaten dürften deren Wähler eher zu Johannis als zu Ponta tendieren. Hinzu kommt, dass die Wahlbeteiligung am Sonntag bei lediglich 53,16 Prozent lag.
Gefahr droht Ponta in der Endphase des Wahlkampfs auch von einem alten Erzrivalen, dem scheidenden Präsidenten Basescu: Analysten halten es durchaus für denkbar, dass der unberechenbare Amtsinhaber mit Hilfe ihm nahe stehender Ermittler gegen den PSD-Chef die Enthüllung weiterer Korruptionsskandale lancieren könnte. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor für Ponta ist der heftig wogende Machtkampf in seiner PSD um seine etwaige Nachfolge als Parteichef: Schon bei den beiden letzten Präsidentschaftswahlen 2004 und 2009 waren die favorisierten PSD-Kandidaten in der Stichwahl auch an der mangelhaften Unterstützung der eigenen Parteibarone in der Provinz gestrauchelt.
Zur Absicherung des erhofften Wahlsiegs kann der Premier aber auf die stark vergrößerte Armee parteihöriger Bürgermeister bauen, die vor allem auf dem Land ihre Schäflein sehr effektiv an die Urnen zu treiben pflegen: In den vergangenen Wochen sind über 300 Bürgerväter aus dem Oppositions- in das Regierungslager gewechselt. Auf zusätzliche Schützenhilfe kann derweil Johannis von den ihm gewogenen Auslandsrumänen in der Diaspora hoffen. Deren Stimmenabgabe wurde am Sonntag jedoch auffallend erschwert. Ob in New York, Stuttgart und Wien oder Paris, Bern und Turin: Weltweit standen sich Tausende aufgebrachter Wähler vor den völlig unterbesetzten Konsulaten und Botschaften in kilometerlangen Reihen stundenlang die Beine in den Bauch.
Die Regierung habe viele um ihr Wahlrecht gebracht, konstatierte zu Wochenbeginn empört die Bukarester Nachrichtenagentur »Hotnews«: »Verweigert Ihr den Rumänen im Ausland aus Angst vor deren Stimme das Wahlrecht? Wegen Euch erscheint Rumänien wie ein Entwicklungsland, das unfähig ist, einen banalen Wahlprozess zu organisieren.« Die zwei bis drei Millionen Auslandsrumänen gelten mehrheitlich als Gegner der Regierung Ponta.
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