»Das Gesetz begünstigt …

Kathrin Gerlof über Tarifeinheit, nervtötende Entscheidungsfreiheit und eine teure Tote im Umfragekeller

  • Kathrin Gerlof
  • Lesedauer: 3 Min.

… friedliche Wege der Konfliktlösung.« Das wünschen wir uns von jedem Gesetz, denn mehrheitlich sind die Deutschen ja, wie wir wissen, gegen Krieg und Kloppereien. Und auch die Gewerkschaften haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gelernt, dass man friedlich und sanft allemal weiterkommt. Es nützt doch nichts, zu pöbeln und zu holzen, wir sitzen schließlich alle in einem Boot und wollen, dass die Wirtschaft wächst.

Nun will die Bundesregierung, vertreten durch ihre Arbeitsministerin Andrea Nahles (das ist die mit der Synchronisationsstimme von Pippi Langstrumpf) ein Tarifeinheitsgesetz beschließen lassen, mit dessen Hilfe den kleinen Spartengewerkschaften der Garaus gemacht werden soll. Das ist nur gerecht. Diese kleinen Wichser machen einen Haufen Ärger und dafür sind Gewerkschaften bekanntlich nicht da. Dass sie Ärger machen. Die sollen auf Augenhöhe mit den Bossen darüber verhandeln, ob zwei oder vier Prozent rausspringen werden für ihre malochenden Mitglieder und deren Kollegen, und sich bei diesen harten Verhandlungen und Arbeitskämpfen nicht auch noch mit irgendwelchen Konkurrenten auseinandersetzen müssen, die vielleicht sechs Prozent fordern. Das ist doch alles so schon kompliziert genug.

Das Tarifeinheitsgesetz also - noch in diesem Jahr soll es beschlossen werden und im kommenden Jahr in Kraft treten - wird Anreize für eine friedliche Lösung von Streitigkeiten zwischen konkurrierenden Gewerkschaften schaffen. Anreize - ist das nicht hübsch? Ist das nicht wie Weihnachten und »Vom Himmel hoch, da komm ich her« und »Wollen mer se reinlasse?« und »Ich bin doch nicht blöd«? Und wissen wir nicht, dass unser Leben sich viel einfacher gestaltet, wenn wir nur zwischen Google und Google oder Amazon und Amazon oder Facebook und Facebook zu entscheiden haben? Diese ganze Vielfalt und Entscheidungsfreiheit nervt doch ohne Ende. Für unseren Seelenfrieden ist es auf jeden Fall besser, wenn da ein bisschen Marktbereinigung passiert, die kleinen fiesen Gewerkschaftskonkurrenten eliminiert werden und nur die braven Schlachtschiffe übrig bleiben. Es ist schrecklich, wenn so ein Gewerkschaftchen, das seinen Bossen wahrscheinlich nicht mal richtige Gehälter zahlt und vernünftig große Dienstwagen zur Verfügung stellt, den ganzen Zugverkehr lahmlegt.

Scheiß drauf, dass dieses Gesetz allen, die durch Lohnarbeit ihren Lebensunterhalt verdienen, aufzwingen wird offenzulegen, in welcher Gewerkschaft sie Mitglied sind. Informationelle Selbstbestimmung ist doch auch nur ein Miststück, das wir nicht brauchen. Die geben wir jeden Tag Dutzende Male ab, wenn wir unsere Payback-Karten zücken, Google und Amazon mit unseren Daten füttern, die Ortungsdienste einschalten, um den Weg zu Primark zu finden, ein Konto bei Googlemail eröffnen und auf Facebook liken, bis wir anfangen zu sabbern.

Unsere Arbeitsministerin rechnet damit, dass dieses wunderschöne Tarifeinheitsgesetz künftig Tarifkonflikte befrieden kann. Denn: Die Gerichte werden bei ihrer Entscheidung, ob ein Streik zulässig ist, einbeziehen können, ob der strittige Tarifvertrag überhaupt angewendet werden kann und ob der Streik verhältnismäßig ist. Heißt: Wenn da so eine winzige Wichser-Gewerkschaft kommt, den Zugverkehr lahmlegt und unsere Deutsche Bahn erpresst, dann wird die künftig nichts zu lachen haben.

Und an dieser Stelle sei gesagt, dass die teure Tote SPD sehr zu Recht nicht aus dem Umfragekeller kommt. Wer verhältnismäßige(!) Streiks wünscht und dabei das im Sinn hat, was die meinen, wird nicht mehr gebraucht. (Das ist jetzt keine Satire mehr.) Kein Wunder, dass die Bundeskanzlerin »das Vorhaben klar unterstützt« (Originalton Nahles). Schließlich werden mit dem Tarifeinheitsgesetz ein paar nervige und unverhältnismäßig kämpferische Gewerkschaften einfach verschwinden. Gott, sind das schöne Aussichten.

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