Mit aller Gewalt

»Hooligans gegen Salafisten« - wie rechte Fußballfans die Mehrheit der Gesellschaft für sich gewinnen will

Viele Menschen waren überrascht, wie viele Gewalttäter die »Hooligans gegen Salafisten« in Köln mobilisieren konnten. Dabei plant die Szene seit einem Jahr ihre Rückkehr aufs Tableau.

In der vergangenen Woche, nach der Straßenschlacht von Köln, hörten viele Menschen erstmals von der Organisation »Hooligans gegen Salafisten« (Hogesa). Dabei feiert die Bewegung in den nächsten Wochen ihr einjähriges Bestehen: Die Idee zur Gründung eines Hooliganzusammenschlusses mit politischer Agenda entstand im vergangenen Winter und wurde im Großraum Karlsruhe ersonnen. Im eigens gegründeten Internetforum tummelten sich schnell auch Hooligans aus Kaiserslautern, aus Stuttgart, aus Mannheim, wo der Alt-Hool und NPD-Stadtrat Christian Hehl als Kontaktmann für die Rhein-Neckar-Region fungierte. Wie wäre es, fragten sich die Männer, wenn es gelingen würde, die deutsche Hooliganszene geneinsam auf die Straße zu bringen? Das wäre dann die Machtdemonstration, von der bundesweit so viele Gleichgesinnte seit Jahren träumen.

Schließlich spielten die Hools, die in den 80ern und 90ern in den meisten deutschen Städten die Fankurven prägten, im Ligaalltag seit geraumer Zeit keine große Rolle mehr. Die Fußballschläger, die heute größtenteils zwischen 40 und 50 Jahren alt sind, hatten ihre Vormachtstellung an die Ultras abgegeben: Eine jüngere Szene, die die Unterstützung der Mannschaft in den Vordergrund rückt, mit bunten Choreographien aufwartet und sich auch ideologisch von den Szeneveteranen unterscheidet.

Nicht alle Hooligans sind rechts, die meisten von ihnen aber schon. Ultras verwahren sich hingegen in ihrer übergroßen Mehrheit gegen Rassismus. Dass die Ultras immun gegen die »Alten Werte« der Hools zu sein scheinen, ist bislang kaum gewürdigt worden - beim Aufmarsch in Köln war unter 5000 Menschen jedenfalls höchstens ein Dutzend Ultras auszumachen. Die Szene hatte schnell erkannt, dass die alten Herren nur vordergründig gegen die Salafisten agitierten. Den Initiatoren des Hoolforums erschien das Mobilisierungsthema schließlich schon damals zweitrangig. Wichtiger war, dass eines gefunden wurde, das die eigene Szene mobilisiert und dennoch den Brückenschlag ins bürgerliche Milieu ermöglicht: Die Salafisten boten sich da an - schließlich gibt es in der Bundesrepublik glücklicherweise nicht viele Menschen, die Sympathien für die Steinzeit-Islamisten hegen.

Als im März erstmals eine Salafisten-Demo in Mannheim gestört wurde, sprach Polizeisprecher Norbert Schätzle Klartext: »Das war ein gut organisiertes Zusammentreffen von rechtsgerichteten Hooligans aus dem Südwesten. Da war die Politik wichtiger als die jahrzehntelange fußballerische Feindschaft zwischen Mannheim und Kaiserslautern oder Karlsruhe und Stuttgart.« Für die Forumsgründer gilt die gleiche Feststellung wie für die Kölner Demoteilnehmer: Nicht alle von ihnen sind rechtsradikal, aber die meisten eben schon. Und kaum einer der anderen scheint ein Problem darin zu sehen, mit mehrfach vorbestraften Nazikadern gemeinsame Sache zu machen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Forum, das sich bald von »Weil Deutsche sich’s noch trau’n« in »Hooligans gegen Salafisten« umbenannte, längst bundesweit mobilisiert. Vor allem im Westen der Republik, wo ein Mann aus der Region Niederrhein einen lokalen Zusammenschluss rechter Hooligans einbrachte, die das gleiche strategische Ziel wie die Kollegen aus dem Südwesten hatte: Den »Gnu Honnters« eine Verballhornung von »New hunters« (Neue Jäger) war es ebenfalls ein Dorn im Auge, dass sich immer mehr Ultragruppen offen gegen Rassismus und Schwulenfeindlichkeit aussprachen.

Ermutigt von der stetig wachsenden Zahl der Mitglieder und von bis zu 40 000 Facebook-Sympathiebekundungen (weit mehr als die deutsche Hoolszene Mitglieder hat), traute sich »Hogesa« bald erneut an die Öffentlichkeit: Zu einem miserabel organisierten Treffen in Dortmund kamen im September 350 Aktivisten. Davon ermutigt, sollte die Kundgebung von Köln noch einen draufsetzen. Statt 1500 Teilnehmern - eine Zahl, die auch die Polizei und die meisten Journalisten für realistisch gehalten hatten - kamen 5000.

Allerdings lief die Veranstaltung, die auf Geheiß der strategischen Köpfe unbedingt friedlich hätte ablaufen sollen, komplett aus dem Ruder: Schon vor Veranstaltungsbeginn waren Journalisten und fremdländisch aussehende Passanten angegangen worden, später eskalierte die Gewalt auf dem Demozug. Was blieb, war eine Spur der Verwüstung und die Erkenntnis, dass unter den 5000 Demonstranten mindestens ein Drittel zu betrunken oder schlicht zu einfach gestrickt war, um sich an irgendeine Vorgaben zu halten.

Die Partei »Die Rechte« aus Dortmund, ein Sammelbecken für Mitglieder verbotener Kameradschaften, der selbst die NPD zu gemäßigt ist, jubelte noch heute auf allen Kanälen über die angeblich neue Bewegung. Auch NPD-Aktivisten wurden in Köln gesehen. Kein Wunder, dass auf der An- und Abfahrt der Kölner Demo reihenweise die Polizei gerufen wurde, weil dunkelhäutige und türkischstämmige Reisende angegangen wurden.

Wie man die vergangenen Wochen bewertet, scheint intern allerdings umstritten zu sein. Während die einen noch Tage nach dem 26. Oktober die enorme Teilnehmerzahl abfeiern, kritisieren andere, dass das strategische Ziel verfehlt worden sei: »Wenn ich sehe, das Gruppen ankamen, die offensichtlich auf der Anreise jeden bierladen leer gekauft haben, muss Mann sich nicht wundern, das normale Bürger und Passanten, sich angewidert abwenden« (Rechtschreibfehler im Original), schreibt einer. Dass man gesitteter auftreten muss, um an die Mehrheitsgesellschaft anzudocken, hatte ein rechter Hooligan bereits im Frühjahr betont: »Die Omis müssen uns lieb haben.« Ob das bei dieser Klientel gelingen wird, ist fraglich. Derzeit mobilisiert die Szene für eine Kundgebung in Hannover am 15. November.

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