Lufthansa - nach dem Streik ist vor dem Streik
Piloten setzen Arbeitsniederlegungen am Donnerstag fort / Lufthansa streicht jeden zweiten Langstreckenflug / Ausichtsrat segnet neue Billigmarke Eurowings ab
Update 15.00 Uhr: Wegen des erneuten Pilotenstreiks hat die Lufthansa für Donnerstag mehr als die Hälfte ihres Langstreckenangebots gestrichen. 37 der geplanten 72 Abflüge in Frankfurt/Main und München fallen aus, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. 24 Verbindungen sollen am Donnerstag abheben und weitere elf Flüge wurden auf den Freitagmorgen künstlich verspätet. Die kurzfristige Streikdrohung der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) habe den Krisenstab vor besondere Herausforderungen gestellt, weil die freiwilligen Crews aus dem letzten Streik noch nicht wieder einsatzfähig seien. Lufthansa Cargo will neun von 15 Frachtflügen ab Frankfurt starten lassen.
Die Lufthansa hat angekündigt, ihre Billigsparte auszubauen. Unter dem bereits eingeführten Markennamen »Eurowings« will Europas größter Luftverkehrskonzern künftig kostengünstige Direktflüge innerhalb Europas und auf der Langstrecke anbieten. Unter dem Dach der neuen Airline will die Lufthansa ihre bisherigen Töchter Eurowings und Germanwings sowie »weitere Flugbetriebe in Europa« unterbringen. Basis der gemeinsam mit der deutsch-türkischen SunExpress betriebenen Langstreckenflieger soll Köln werden, erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Mittwoch.
Der Aufsichtsrat des Dax-Konzerns stimmte einem entsprechenden Konzept zu. Mit einem Ausbau der Tochter Eurowings will Lufthansa anderen europäischen Billigfliegern wie Ryanair oder EasyJet die Stirn bieten. Zur niedrigeren Kostenstruktur sollen auch die Piloten beitragen, die Lufthansa in der Wings-Familie nur noch außerhalb des geltenden Konzerntarifvertrags anstellen will.
Gewerkschaft Vereinigung Cockpit: Lufthansa-Piloten bestreiken am Donnerstag erneut Langstrecken- und Frachtflüge
Berlin. Die Streiks bei der Lufthansa gehen weiter. Die Pilotengewerkschaft Cockpit teilte am späten Dienstagabend mit, von Donnerstagmorgen 3 Uhr bis 24 Uhr seien Langstrecken- und Frachtflüge von dem neuen Ausstand betroffen. Die jüngsten Verhandlungsrunden zwischen Geschäftsleitung und der Gewerkschaft VC zur Übergangsversorgung hätten gezeigt, »dass es nach wie vor trotz wiederholter Arbeitsniederlegungen erhebliche Differenzen gibt. Deshalb wurde beschlossen, die für diese Woche geplanten Arbeitskampfmaßnahmen in ihrem Umfang auszudehnen«, so die Pilotengewerkschaft. Sie erwarte »ein klares Bekenntnis des Managements zur Ausgestaltung fairer Bedingungen für ihre jungen Piloten«.
Kurz- und Mittelstreckenflüge sowie die Lufthansa-Tochter Germanwings werden bei dem neuen Ausstand am Donnerstag nicht bestreikt, wie Cockpit mitteilte. Die Lufthansa zeigte sich von der Ankündigung überrascht und forderte Cockpit auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Denn nur dort könne der Streit beendet werden, hieß es in einer Stellungnahme.
In dem Tarifkonflikt geht es nicht nur um die Übergangsrenten der 5.400 Piloten, sondern auch um den künftigen Kurs des Konzerns. Der Aufsichtsrat der Lufthansa kommt am heutigen Mittwoch zusammen, um über ein neues Konzept für eine eigene Billigfluggesellschaft zu beraten. Mit einem Sonderflugplan will die Lufthansa die Auswirkungen des neuen Pilotenstreiks am Donnerstag mildern. »Ziel ist es, auf der Langstrecke so viele Passagiere wie möglich ans Ziel zu bringen«, sagte ein Sprecher der Lufthansa am Mittwochmorgen.
Die geplante Billigmarke auf der Langstrecke wird nach Ansicht von Cockpit ein Fehlschlag. »Das kann nicht funktionieren, weil wir unsere eigenen Preise kannibalisieren«, sagte VC-Sprecher Jörg Handwerg der Nachrichtenagentur dpa. Mit den neuen Angeboten einer »Wings«-Marke werde das klassische Langstreckenprodukt der Lufthansa geschwächt. »Natürlich wird die Konkurrenz dagegenhalten, so dass das am Ende zu einer riesigen Geldverbrennungsmaschine wird.«
Anders sehe die Situation auf der Kurz- und Mittelstrecke in Europa aus. »Wir wollen die neue Wings-Strategie nicht um jeden Preis verhindern«, sagte der Gewerkschafter. Allerdings habe man bereits vor Jahren eine tarifliche Grundlage zur Besetzung der Pilotenstellen verbindlich definiert, was die Lufthansa einfach ignoriere. Handwerg forderte das Management erneut zu Verhandlungen auf. »Wenn man im Billigsegment etwas Neues will, muss man nur mit uns reden.« Agenturen/nd
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