Wir wollen endlich mal glänzen
Olympiasieger André Lange will den Weltcup in Oberhof erhalten und fordert Investitionen
André Lange war zu aktiven Zeiten der erfolgreichste Bobpilot der Welt. Der vierfache Olympiasieger arbeitete nach dem Ende seiner Karriere zunächst als Fernsehexperte, seit diesem Jahr leitet er jedoch das Thüringer Wintersportzentrum Oberhof. Er ist verantwortlich für die Bob- und Rodelbahn, die Skisprunganlage am Kanzlersgrund, die Skihalle und allen voran für das Biathlonstadion am Grenzadler, wo in diesen Tagen der alljährliche Weltcup stattfindet. Sein Team sorgte in den vergangenen Wochen dafür, dass genügend Schnee auf der Strecke liegt. Mit Oliver Kern sprach der 41-Jährige über notwendige Investitionen in die Infrastruktur am Standort, um den Weltcupstatus zu halten und sich für eine WM zu bewerben, über die Bedeutung einer einzigen Woche für eine ganze Sportregion und über das so wechselhafte Oberhofer Wetter.
Dieser Wettkampftag war hektisch. Lange war nicht klar, ob das Staffelrennen der Männer überhaupt gestartet werden könnte. Das war sicher nicht einfach für Sie, oder?
Ganz so schlimm war es für mich nicht. Ich musste ja letztlich nicht entscheiden, ob gestartet werden konnte und ob die Bedingungen regulär sind. Unser Team war vor allem in der Vorbereitung auf den Weltcup involviert: Wir haben Schnee produziert und die Strecken präpariert. Die aktuellen Probleme hat nun die Wettkampfleitung. Ich nutze jetzt lieber die Gelegenheit, mit dem einen oder anderen mal persönlich zu sprechen, den man sonst nicht zu Gesicht bekommt, der aber wichtig für unsere Arbeit ist.
Für das Wochenende hat sich auch Thüringens neuer Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) am Grenzadler angekündigt. Hatten Sie seit dessen Amtsantritt schon die Chance, mit ihm über die Bewerbung für die Biathlon-WM zu reden? Immerhin soll die nicht im Koalitionsvertrag stehen.
Wir als Thüringer Wintersportzentrum sind letztlich nicht für die Bewerbung zuständig. Das ist Aufgabe des Thüringer und des Deutschen Skiverbands. Wir bewirtschaften die Sportstätten. Unsere Aufgabe ist zunächst, dass für die Sportler auch im Trainingsalltag ordentliche Bedingungen herrschen.
Trotzdem heißt es, dass es für Ihren Standort enorm wichtig wäre, wenn Oberhof mal wieder eine Biathlon-WM ausrichten könnte.
Nicht nur für Oberhof wäre das wichtig, sondern für die ganze Region, für ganz Thüringen wäre es schön. Wir werden die Skiverbände unterstützen und alles dafür tun, damit wir ein ordentliches Fundament bieten können, um überhaupt eine Chance auf den Zuschlag vom Weltverband IBU zu haben.
Es liegt eine Machbarkeitsstudie vor, die angeblich besagt, dass Investitionen von 27 Millionen Euro nötig wären, um die Anforderungen der IBU zu erfüllen. Thüringen hat etwa 16 Milliarden Euro Schulden. Warum soll das Land noch mal 27 Millionen für ein paar Biathleten ausgeben?
Viele wissen nicht, was hinter dieser Zahl steckt. Ich kenne zwar auch nicht alle Details, weiß aber, dass bei Weitem nicht alles in den Sport gehen würde. Hier sind Investitionen in die Infrastruktur geplant, die auch dem Tourismus sehr zugute kommen würden. Da steckt ein Gesamtkonzept dahinter. Und wer nicht investiert, wird auch nie aus den roten Zahlen rauskommen können.
Es heißt: Wenn gar nichts passiert, sei sogar der Platz Oberhofs im Weltcupkalender gefährdet, da die IBU auch für den schon bestimmte Modernisierungen fordert. Kann das Wintersportzentrum Oberhof überleben, wenn es diesen Weltcup nicht mehr geben sollte?
Darüber mache ich mir keine Gedanken. Der Weltcup ist wichtig für uns alle, das ist klar. Für die Sportstätten an sich, aber für den Nachwuchssport noch viel mehr. Der Weltcup spült viel Geld in die Kasse, Einnahmen aus Ticketverkäufen zum Beispiel, und das kommt den Vereinen zugute. Sie sind die Wurzeln des Baums, die mit dem Geld genährt werden. Wenn das nicht mehr passiert, wird die gesamte Thüringer Sportlandschaft kleiner. Die Talente, die es gibt, werden wir nicht mehr in dieser Qualität herausfiltern können. Hinzukommen die Hoteliers, die Gastronomen, die ihre Restaurants betreiben, bis hin zu den Bratwurstbudeninhabern, die die Reisenden versorgen. Viele partizipieren von diesem Ereignis, an dem eine lange Kette hängt. Und wir sollten aufpassen, dass wir sie nicht durchschneiden. Eine Menge Leute arbeiten nun mit Hochdruck daran, dass die Maßgaben der IBU erfüllt werden und es hier weitergeht.
Ein Argument für Oberhof war immer auch der riesige Zuschauerzuspruch. Lange kamen mehr als 20 000 Fans täglich an den Grenzadler, zu den diesjährigen Staffeln nicht mal die Hälfte. Worauf führen Sie das zurück?
Es sind derzeit keine Ferien. Das macht es den Gästen schwer, die Kinder mitbringen wollen. Wenn die Schule bis zwei Uhr andauert, und kurz danach das Rennen schon losgeht, schaffen sie es nicht mehr hierher. Denn in diesem Jahr haben wir keine Nachtrennen.
Selbst wenn das Geld investiert wird, ist längst nicht garantiert, dass die IBU Oberhof den Zuschlag erteilt. Die Konkurrenz ist groß, und Oberhof fällt immer wieder durch schlechte Sicht am Schießstand, viel Wind oder wenig Schnee auf. Das sieht der Weltverband nicht gern, da die viel Geld zahlenden Fernsehsender verlässliche Sendezeiten erwarten. Nervt Sie das Wetter in Ihrer Heimat manchmal selbst?
Ich weiß, dass wir an vielen Tagen im Jahr blauen Himmel und Sonnenschein haben, wenn über dem Rest des Landes Wolken hängen - so wie noch am Anfang dieser Woche. Dann ist Oberhof einer der schönsten Orte überhaupt. Es wäre toll, wenn wir endlich mal wieder Glück hätten und uns glänzend präsentieren könnten.
Wie gehen Sie das Schneeproblem in Zukunft an?
Ein Schneedepot ist schon in Planung. Dessen Finanzierung ist auch bereits geregelt. Nun müssen wir nur noch sehen, dass wir das Depot an genügend kalten Tagen im Jahr auch füllen können.
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