Auschreitungen bei Protestzug in Leipzig
Drei vorläufige Festnahmen wegen schweren Landfriedenbruchs / Zeitung: Polizei beschlagnahmt Handys von rund 150 Menschen
Leipzig. Am Donnerstagabend ist es in Leipzig bei einem Protestzug zu Ausschreitungen gekommen. Mindestens 600 Menschen aus der linken Szene zogen nach Polizeiangaben bei dem nicht angemeldeten Aufzug durch die Stadt. Teilnehmer warfen demnach unter anderem Steine auf Polizeiwagen, rissen Verkehrszeichen aus der Verankerung und zündeten Feuerwerkskörper. Verletzte gab es nicht.
Die Polizei stellte zahlreiche Farbschriftzüge wie »Stoppt Pegida«, »Antifa«, »Stoppt Deportation« und »Das war Mord« fest. Anfang der Woche war ein 20 Jahre alter Asylbewerber aus Eritrea in Dresden mit Messerstichen getötet worden. Täter und Hintergrund sind aber noch unklar. Die Polizei in Leipzig nahm drei Menschen wegen schweren Landfriedensbruchs vorläufig fest und nahm die Personalien von mehr als 200 Demonstranten auf.
Drei Polizeifahrzeuge wurden stark beschädigt. Zahlreiche Scheiben des Amtsgerichts wurden durch Steinwürfe zerstört. Nach Polizeiangaben entstand ein Schaden im mindestens fünfstelligen Bereich. Das sei immer schwer zu beziffern, sagte Polizeisprecher Andreas Loepki am Freitag. »Wir haben Schäden durch Graffiti, wir haben beschädigte Privat-Kfz, beschädigte Geschäfte. Dazu kommt das Amtsgericht, wo Scheiben eingeworfen wurden. Und wir haben die Schäden an Polizeifahrzeugen.«
Drei Menschen wurden wegen schweren Landfriedensbruchs vorläufig festgenommen, die Polizei nahm die Personalien von mehr als 200 Demonstranten fest. Wie die »Dresdner Morgenpost« berichtet, beschlagnahmte die Polizei Mobiltelefone von rund 150 Festgesetzten, um Daten auszuwerten. Mit welchen technischen Mitteln und auf welcher Rechtsgrundlage dies geschah, ist bisher unklar, berichtet Matthias Monroy auf netzpolitik.org. Die »Dresdner Morgenpost« zitiert Leipzigs Polizeipräsidenten: »Wir lassen uns das nicht bieten und werden mit aller Konsequenz reagieren!«
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) rief zur Gewaltlosigkeit bei jeglichen Demonstrationen auf. »Wir akzeptieren keine Gewalt, weder von linken Kriminellen, noch von Rechtsextremen, noch von religiösen Fanatikern«, erklärte Jung.
Für Enrico Stange, den innenpolitischen Sprecher der Linksfraktion im sächsischen Landtag, torpedieren gewaltsame Demonstrationen linke Politik: »Es ist legitim, Zeichen für das Andenken des getöteten Asylsuchenden Khaled Idris Bahray und gegen Pegida friedlich Nachdruck zu setzen. Es ist aber nicht legitim, dabei Gewalt einzusetzen oder zu dulden, gleichgültig, ob diese sich gegen Personen oder gegen Sachen richtet. Das ist nicht zu rechtfertigen.« Mit derartigen Krawallen würden letztlich die »-gida«-Bewegungen gestärkt, Ereignisse wie in Leipzig bedienten verbreitete Vorurteile über die radikale Linke. So werde allen, die mit friedlichen Mitteln versuchen, menschenfeindlichen Bewegungen den gesellschaftlichen Nährboden zu entziehen, »ein Bärendienst erwiesen«. nd/mit Agenturen
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