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Kurzer Prozess

Die Regierung versucht auf verschiedenen Wegen, Menschen aus dem Kosovo abzuschrecken

  • Lesedauer: 3 Min.
Eilverfahren für Asylanträge, verstärkte Grenzkontrollen – und direkte Ansprache vor Ort: Die Regierung ist kreativ, um Kosovaren vom Kommen abzuhalten, nur an die Ursachen denkt sie nicht.

Berlin. Einst interessierte sich die Bundesrepublik sehr für die Kosovaren und deren Wunsch nach Unabhängigkeit. Sie wurden gegen Serbien nach Kräften unterstützt. Das hat sich längst geändert. Heute interessiert die Bundesregierung vor allem, wie sie die Kosovaren vom Verlassen ihrer armen Heimat abschrecken kann. Vertreter des Bundes mühen sich eifrig, im Kosovo ein düsteres Bild über die Aussichten auf Asyl, Arbeit und ein besseres Leben in Deutschland zu verbreiten. Da wären zum Beispiel Innenstaatssekretärin Emily Haber und der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, die persönlich und wortreich in kosovarischen Medien erklären, wie das deutsche Asylsystem funktioniert.

Ihre Botschaft: Praktisch niemand aus dem Kosovo bekomme in Deutschland Asyl, es gebe nicht den Hauch einer Aussicht darauf. Nein, nicht die geringste Chance. Null. Aber ob das gegen das Gefühl, man habe eh nichts zu verlieren, ankommt? Der Kosovo leidet an massiven Defiziten bezüglich fast aller Strukturen, die Staatlichkeit ausmachen, erklärt die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Der Rest werde lahmgelegt von Korruption und organisierter Kriminalität.

Auch an anderen Stellen bemüht sich die Bundesregierung, Kosovaren zu stoppen, die seit Wochen zu Tausenden ihr Land verlassen: Bundespolizisten sollen helfen, die Grenze zwischen Ungarn und Serbien zu sichern. Gemeinsame Polizeistreifen deutscher, österreichischer und ungarischer Beamter auf der Zugstrecke von Budapest über Wien nach München sind geplant.

Die Zahl der Asylbewerber aus dem Kosovo ist in den vergangenen Wochen sprunghaft gestiegen. Im Januar stellten 3630 Menschen aus dem armen Balkanstaat einen Asylantrag in Deutschland – 85 Prozent mehr als noch im Dezember. Im Februar gingen die Zahlen weiter nach oben. Seit Jahresbeginn sollen insgesamt mehr als 18 000 Kosovaren nach Deutschland eingereist sein.
Vor allem aber soll Schmidts Behörde die Asylanträge von Kosovaren nun im Eiltempo abarbeiten: Schon nach zwei Wochen sollen diese ihren – fast immer negativen – Bescheid bekommen und heimgeschickt werden.

Völlig unrealistisch, meint Pro Asyl. »Man kann nicht davon ausgehen, dass binnen drei Monaten in einer Sturzgeburt 350 neue Asylentscheider da sitzen werden«, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Bernd Mesovic. Um die Zwei-Wochen-Frist bei den Kosovaren zu erreichen, werden wohl an anderer Stelle viele Anträge liegen bleiben. Rund 100 000 Anträge haben sich schon jetzt angehäuft. Im Durchschnitt dauert die Bearbeitung derzeit knapp sechs Monate. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge klagt seit Langem über Personalmangel. Zwischenzeitlich mussten sogar Bundespolizisten und Bundeswehrleute aushelfen. In den vergangenen Monaten sagte der Bund der Behörde zwar 650 neue Stellen zu. Doch die Mitarbeiter müssen eingestellt und eingearbeitet werden. Und das dauert.

Zudem können auch abgelehnte Asylbewerber nicht einfach zurückgeschickt werden. Ist jemand krank oder ohne Papiere, müssen Behörden die Abschiebung aussetzen. Der Bund murrt darüber, einige Länder seien nicht konsequent genug. Dafür sind andere Bundesländer umso härter. Nach der Einigung auf beschleunigte Asylverfahren vom Freitag forderte Bayerns Europaministerin Beate Merk (CSU) bereits, das Kosovo als sicheren Herkunftsstaat einzustufen. Dann müsste ein Antrag gar nicht mehr geprüft werden.

Fachleute meinen, an der Flucht aus dem Kosovo werde sich nichts ändern, solange die Lebensbedingungen in dem armen Balkanstaat derart schlecht seien wie derzeit. Einige der Verzweifelten, die nach Deutschland kommen, hätten zwar durchaus Aussicht auf ein Arbeitsvisum. Doch das hat sich in ihrer Heimat noch nicht ausreichend herumgesprochen. Und von den deutschen Regierungsvertretern in ihren Medien erfahren sie es auch nicht. nd/Agenturen

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