Boko Haram auf dem Vormarsch
Nigerias Präsident Jonathan bittet USA um Militärhilfe/ Pentagon lehnt Beteiligung ab
Kano. Die Dschihadistenmiliz Boko Haram hat am Samstag ihre Offensive fortgesetzt und ist in eine weitere Stadt im Nordosten Nigerias eingefallen. Hunderte Boko-Haram-Kämpfer seien auf Geländewagen und Motorrädern bis ins Zentrum der Regionalhauptstadt Gombe vorgedrungen, bevor sie sich wieder zurückzogen, berichteten Einwohner der Nachrichtenagentur AFP. Präsident Goodluck Jonathan bat die USA um Militärhilfe, stieß damit in Washington aber auf Ablehnung.
Auf Flugblättern rief Boko Haram bei dem Angriff auf Gombe zum Boykott der Präsidentschafts- und Parlamentswahl auf, die ursprünglich am Samstag stattfinden sollte, wegen der Gewalt aber auf Ende März verschoben wurde. Bei dem Angriff leistete die Armee keinen Widerstand, wie Bewohner berichteten. Ein Kampfflugzeug sei zwar über Gombe gekreist, habe aber nicht eingegriffen, berichtete der Augenzeuge Kabiru Na-Gwandu.
Laut dem Augenzeugen wurden die Einwohner vor dem Angriff gewarnt, so dass sich viele rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Nach dem Einmarsch der Dschihadisten rief der Gouverneur von Gombe, Ibrahim Dankwambo, eine Ausgangssperre für den gesamten Bundesstaat aus. Die Bewohner wurden aufgefordert, zu Hause zu bleiben, »um die Sicherheitskräfte nicht an ihrer Arbeit zu hindern, wieder für Recht und Ordnung in der Stadt zu sorgen«.
Laut einem Einwohner verließen die Boko-Haram-Kämpfer Gombe am frühen Nachmittag und zogen weiter in Richtung der rund 40 Kilometer entfernten Stadt Dakin-Kowa. Ein anderer Bewohner sagte, Soldaten patrouillierten in Gombe auf den Straßen und schössen in die Luft. »Die Kugeln fliegen in alle Richtungen«, sagte der Mann. »Die Soldaten schießen wahllos herum.« Gombe war bereits mehrfach Ziel von Angriffen der Dschihadisten.
Unterdessen rief Präsident Jonathan die USA auf, militärisch in Nigeria gegen Boko Haram zu intervenieren, wie sie es im Irak und in Syrien gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) getan hätten. »Kämpfen sie nicht gegen ISIS? Warum können sie nicht auch nach Nigeria kommen?«, fragte Jonathan in einem Interview mit dem »Wall Street Journal«. »Sie sind unsere Freunde. Wenn Nigeria ein Problem hat, erwarte ich, dass die USA kommen und uns helfen.«
Das US-Verteidigungsministerium lehnte eine militärische Intervention umgehend ab. Es gebe keinerlei Pläne, US-Truppen nach Nigeria zu schicken, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Die USA unterstützten jedoch den Aufbau einer multilateralen Truppe gegen Boko Haram. Nigeria, Kamerun, Niger und der Tschad bauen derzeit eine regionale Eingreiftruppe auf, um der Bedrohung durch die Dschihadistengruppe zu begegnen.
Die radikalislamische Rebellengruppe kämpft seit 2009 mit Gewalt für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias. Bei Angriffen auf Sicherheitskräfte, Behörden, Kirchen und Schulen tötete Boko Haram mindestens 13.000 Menschen. Inzwischen kontrolliert sie ganze Städte im Nordosten Nigerias. In den vergangenen Monaten weitete die Gruppe ihre Angriffe zudem auf das Nachbarland Kamerun aus und griff kürzlich erstmals auch eine Grenzstadt im Tschad an. AFP/nd
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