Putin schuld an neuer Bunkermentalität?

Deutschlands »Luftschutz« meldet Bedürfnisse an

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Angesichts weltweiter Krisen und Kriege will die Bundesregierung beim Schutz der Bevölkerung wieder aufrüsten. Als Hauptgrund der Sorge um die deutsche Sicherheit wird immer wieder der Ukraine-Konflikt angegeben.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hält ein Faltblatt zum »Verhalten bei besonderen Gefahrenlagen« bereit. Darin heißt es für den »Ereignisfall«: »Bewahren Sie Ruhe und beruhigen Sie andere! Verschaffen Sie sich einen Überblick ...« Genau damit scheinen die Verantwortlichen im Bereich des Bundesinnenministeriums nun überfordert zu sein. Der Präsident des Bundesamtes Christoph Unger sagte der »Saarbrücker Zeitung«: »So wie sich die Bundeswehr mit neuen sicherheitspolitischen Grundsätzen an die Lage anpasst, muss das auch der Zivilschutz tun.« Hintergrund seien neue Gefahren durch »ballistische Raketen etwa aus dem Nahen Osten sowie das Verhalten Russlands in der Ukraine-Krise«.

Insbesondere die Situation in der Ostukraine wird immer wieder als Grund für größere Anstrengungen auf dem angeblich unterbelichteten Verteidigungssektor herangezogen. Gefordert werden mehr Panzer und die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Doch das ist eine Debatte unter militärischen Fachleuten. Die Reaktivierung des »Luftschutzes« dagegen betrifft die Masse der Bevölkerung, ist also als psychologische Waffe effizienter.

Zur Abwehr von zivilen Katastrophen sei in der Vergangenheit viel getan worden. »Für den Fall einer Bedrohung von außen, also eines Angriffs auf Deutschland, sieht das schlechter aus«, meint Unger. Daher hätten Vertreter der zuständigen Ministerien sich jüngst darauf verständigt, systematisch zu überprüfen, ob der Zivilschutz auf aktuelle Bedrohungen vorbereitet ist. Dabei ging es auch um den militärischen Ernstfall. Vorerst will man weder Atom- noch andere Schutzbunker öffnen oder gar neue bauen.

Im Mai 2007 hatte die Innenministerkonferenz beschlossen, das »flächendeckende öffentliche Schutzraumkonzept aufzugeben« und »mit sofortiger Wirkung die Verausgabung aller Haushaltsmittel einzustellen«. Der bis zum Ende der 1980er Jahre erhobene sogenannte Versorgungsgrad zeigt, dass ohnehin nur ein geringer Teil der Bevölkerung in den Schutzbauten Platz finden konnte. Der Versorgungsgrad lag damals zwischen 0,87 Prozent in Schleswig-Holstein und 18,33 Prozent in Bremen. Die Berliner Bevölkerung sollte zu jener Zeit in 22 Zivilschutzanlagen Zuflucht finden. Im Westteil standen 16 Anlagen für 25 000 Menschen bereit. Im Ostteil hätten sechs Bunker 2500 Menschen aufnehmen können.

Ein aktuelles Hauptproblem ist - ganz gleich, ob es sich um eine zivile, terroristische oder militärische Bedrohung handelt - die Alarmierung. Zwar gibt es ein satellitengestütztes Warnsystem, über das die Radio- und Fernsehsender informiert werden, doch die Sirenen aus den Tagen des Kalten Krieges wurden Anfang der 1990er Jahre abgebaut. Mancherorts sucht man jetzt nach Sponsoren, um neue Sirenen zu installieren. Zugleich testet man eine Handy-Warn-App.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -