Deutlich mehr Geld für Metaller

Gewerkschaften streben Übernahme nach Pilotabschluss in Baden-Württemberg an

  • Gesa Leesen, Stuttgart
  • Lesedauer: 3 Min.
Zufriedenheit auf beiden Seiten: Die IG Metall hat mit 3,4 Prozent Lohnplus gutes Geld rausgeholt und die Arbeitgeber bei Südwestmetall sind froh, bei der Qualifizierung und Altersteilzeit nicht draufzuzahlen.

Es wurde lange verhandelt. Bis fünf Uhr morgens, also 16 Stunden lang hatten die Tarifparteien in der Kongresshalle in Böblingen bei Stuttgart miteinander gerungen. Am Ende konnten die Protagonisten übermüdet vor die Kameras treten und das Ergebnis verkünden: Ab 1. April gibt es 3,4 Prozent mehr Geld plus eine Einmalzahlung von 150 Euro. Laufzeit: ein Jahr. Weil es ein Pilotabschluss werden sollte, waren die Bundesspitzen von Gewerkschaft und Arbeitgebern angereist.

Besonders um die Lohnfrage sei in der Nacht gerungen worden, berichtet ein Teilnehmer der Verhandlungskommission. Ins Rennen gegangen war die IG Metall mit der Forderung 5,5 Prozent, Südwestmetall hatte 2,2 Prozent geboten und wollte offenbar zunächst unbedingt die zwei vor dem Komma halten. Doch die vorherigen und zeitgleich mit den Verhandlungen stattfindenden Aktionen und Warnstreiks - laut IG Metall hatten sich bundesweit insgesamt 850 000 Metallerinnen und Metaller beteiligt - plus die Drohung, in die Urabstimmung zu gehen, wirkten am Ende. Für den Verhandlungsführer von Südwestmetall, Stefan Wolf, gehen die 3,4 Prozent »schmerzhaft an die Belastungsgrenze«. Doch einen unbefristeten Streik wollte man unbedingt vermeiden - schließlich sind die Auftragsbücher knallvoll, in vielen Unternehmen Überstunden angesagt.

Die Gewerkschaft war zudem mit zwei qualitativen Forderungen in die Tarifrunde gegangen: Der Tarifvertrag zur Altersteilzeit, der nun ausgelaufen wäre, sollte erneuert und an die neue Gesetzgebung angepasst werden. Zudem wollte man mehr Möglichkeiten für die Beschäftigten, sich weiterzubilden. Auch hier hatten die Arbeitgeber große Bedenken, vor allem die Forderung nach mehr Mitbestimmung in diesen Punkten mochten sie nicht. Herausgekommen ist nun im Prinzip eine Fortschreibung der Altersteilzeit. Weiterhin können vier Prozent der Beschäftigten eines Betriebes in Altersteilzeit gehen, Vorrang haben diejenigen, die besonders belastet sind, zum Beispiel durch Schichtarbeit. Gerade sie verdienen in der Regel nicht so viel, tun sich also schwer mit einem früheren Renteneintritt inklusive Abschlägen. Hier kann die Gewerkschaft einen Erfolg verzeichnen: Die Menschen in den unteren Einkommensgruppen bekommen eine höhere Aufstockung auf bis zu 90 Prozent

In punkto Weiterbildung kann von einem Einstieg geredet werden, mehr wohl nicht. Wenn die vier Prozent für die Altersteilzeit nicht ausgeschöpft werden, kann das restliche Geld in Weiterbildung investiert werden - das galt auch vorher schon. Da es dafür eine Betriebsvereinbarung geben muss, sind die Betriebsräte nun gefordert. Der Anspruch auf persönliche Weiterbildung ist ebenfalls vereinbart, allerdings nicht bezahlt, wie die IG Metall es wollte.

Angesichts des Ergebnisses kam Roman Zitzelsberger, IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer in Baden-Württemberg zu dem Schluss, dass alles in allem »ein zufriedenstellender Kompromiss« gefunden worden ist.

Die Abschlüsse zum Lohn und zur Altersteilzeit werden den anderen Tarifgebieten zur Übernahme empfohlen und gelten dann für rund 3,7 Millionen Beschäftigte. Der Bildungsabschluss ist allerdings ausgenommen, vor allem weil andere Länder dafür völlig andere Regelungen haben.

Die Reaktionen auf den Abschluss waren unterschiedlich. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer erklärte, das Ergebnis sei »keineswegs« auf die ganze Wirtschaft übertragbar. Die IG Metall in Sachsen, Sachsen-Anhalt und der Bezirk Küste streben eine Übernahme des Abschlusses an.

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