Tödliche Schüsse in der Unterwelt
Mindestens zwei Opfer bei einem Überfall auf einen Pub in Göteborg
Was ist los im friedlichen Schweden? Erst kürzlich wurden drei junge Menschen erschossen auf einem Parkplatz nördlich von Göteborg aufgefunden. Am Mittwochabend kurz nach 22 Uhr stürmten nun zwei Männer mit Schnellfeuergewehren, angeblich vom Typ Kalaschnikow, einen voll besetzten Pub, in dem Fußball geschaut wurde. Zwei Männer wurden ermordet, zwischen zehn und fünfzehn Gäste im Alter von zwischen 20 und 60 Jahren mussten ins Krankenhaus. Einige waren so schwer verletzt, dass die Polizei weitere Tote in den kommenden Tagen nicht ausschließt.
Das Drama trug sich am Varväderstorget zu, einem trostlosen Platz im sozial schwachen, sowohl von Schweden als auch Einwanderern bewohnten Betonvorort Biskopsgaarden. Die Täter sollen laut Polizei »völlig gefühlskalt« gehandelt haben.
Wie bei den am 7. März aus nächster Nähe erschossenen drei Menschen auf dem Parkplatz in Uddevalla geht die Polizei von einer Auseinandersetzung im Bandenmilieu aus. Eine Verbindung zwischen beiden Taten gibt es anscheinend nicht. Die maskierten Täter sind auf der Flucht. Neben den zwei Tätern sollen zwei weitere Personen ein Fluchtauto bereitgehalten haben, sagten Augenzeugen der Zeitung Expressen. Mehrere Personen wurden im Polizeipräsidium verhört.
»Es ist naheliegend, dass das hier mit den kriminellen Banden zu tun hat. So ist es hier schon seit Jahren. Es sind wütende junge Männer mit Waffen. Es geht um Macht, Revierschutz, Schulden und Ähnliches«, sagte Polizeisprecher Björn Blixter dem »Aftonbladet«. Schweden ist schockiert über die immer unverblümtere Gewalt in der Unterwelt. Mehrere Verletzte hätten nichts mit den Banden zu tun und nur das Unglück gehabt, am falschen Ort Fußball zu schauen, so Blixter. Die Polizei war darüber informiert, dass es in der Nacht zum Donnerstag zu gewalttätigen Abrechnungen im Göteborger Bandenmilieu kommen würde. Sie war mit zahlreichen Streifen im Einsatz. »Aber dass ausgerechnet in diesem Pub etwas passieren würde, wussten wir nicht«, so Blixter.
Schweden galt lange als Vorbild in Sachen sozialer Gerechtigkeit, niedriger Kriminalitätsraten und gelungener Integration. Selbst Ministerpräsidenten fuhren einst mit U-Bahn und ohne Wachschutz ins Kino. Das friedliche Bild verblasst zunehmend. In gewissen Vororten von Göteborg sei es inzwischen tatsächlich riskant, auch nur ins Restaurant zu gehen, so Blixter. »Wenn man sich am falschen Ort zur falschen Zeit aufhält, wird es gefährlich. Die Täter wollten mit ihrer Rücksichtslosigkeit demonstrieren, wie viel Macht sie haben.«
In der Nachbarschaft des Tatortes ist man beunruhigt. »Ich habe Angst. Man will einfach nur hier wegziehen«, so ein Passant. »Ich wohne hier seit einem Jahr, manchmal gab es Schusswechsel, aber etwa so ernstes ist hier noch nie passiert«, so eine Frau.
In Schweden häufen sich Probleme mit dem organisierten Verbrechen. In Malmö wurde im Dezember ein Anschlag auf ein Gerichtsgebäude verübt und Privathäuser von Staatsanwälten beschossen.
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