»Sie machen uns keine Angst«
Rede von Premier Alexis Tsipras zur Verabschiedung des Gesetzentwurfs zur Bewältigung der humanitären Krise. Eine Dokumentation
Liebe Damen und Herren Abgeordnete,
der heutige Tag ist von besonderer Bedeutung, denn vielleicht zum ersten Mal in mehr als vier Jahren wird im griechischen Parlament über ein Gesetz debattiert und entschieden, das nicht das Produkt einer Übersetzung ist, sondern hier vor Ort verfasst worden ist. In diesem Sinne ist es also durchaus bemerkenswert, einen Gesetzentwurf vorliegen zu haben, der nicht die Übersetzung einer Email ist, sondern in griechischer Sprache verfasst wurde und vermutlich mit großer Mehrheit verabschiedet werden wird. Ebenfalls bemerkenswert ist darüber hinaus die Verabschiedung eines Gesetzes, das der Absicherung der Bedürfnisse der Mehrheit unserer Bevölkerung dient, statt den Interessen einiger weniger.
Es wird eine Gesetz verabschiedet, welches denen gibt, die unseren Beistand am dringendsten brauchen. Es ist das erste Gesetz seit fünf Jahren, das den Bürgern nichts nimmt, das erste Gesetz seit fünf Jahren, das soziale und ArbeitnehmerInnenrechte unangetastet lässt. Im Gegenteil. Dieses Gesetz möchte den Schwächsten unserer Gesellschaft Hilfe und Unterstützung leisten.
Unsere Regierung setzt um, was in der Programmerklärung angekündigt wurde, auch wenn manche es noch immer nicht zu begreifen gewillt sind. Wir haben uns dazu verpflichtet, eine Regierung zu sein, die ihr Programm umsetzen wird und das, was sie angekündigt hat, auch umsetzen wird. Wir haben uns dazu verpflichtet, wenn nötig zu bluten, um den Aderlass der griechischen Bevölkerung ein Ende zu bereiten.
Dies ist der Anfang. Die Fortsetzung folgt am Donnerstag und am Freitag, mit einem Gesetzesentwurf, der eine Staffelung in bis zu 100 Ratenzahlungen möglich macht, so unseren Mitbürgern eine Atempause verschafft und zugleich Geld in die Staats- und Sozialversicherungskassen fließen lässt. Wiederaufbau und Umstrukturierung des öffentlichen Dienstes, die Wiederankurbelung der Wirtschaft, der Wiederaufbau des öffentlichen Rundfunk- und Fernsehsenders ERT und der Wiederherstellung von Recht und Gerechtigkeit folgen.
All diese Gesetzentwürfe, werden hier geschrieben, denn wir werden diese Unsitte, Technokraten unsere Gesetze verfassen zu lassen, nicht fortsetzen. Mit anderen Worten, wir weichen keine Schritt von dem ab, was wir angekündigt haben – noch viel wichtiger- wir weichen keinen Schritt von dem ab, was wir für unabdingbar halten, damit die Gesellschaft und die Wirtschaft unseres Landes wieder atmen können.
Selbstverständlich sind wir offen für Ideen, wir sind offen für einen Dialog und offen für Gegenvorschläge aus dem In- und Ausland. Doch der Auftrag, den uns das Volk erteilt hat und den wir auszuführen verpflichtet sind, war eindeutig.
Verehrte Damen und Herren Abgeordnete,
was hat uns das griechischen Volk am 25. Januar zu tun aufgefordert? Nur eine Sache: Memoranden und Austerität ein Ende zu setzen und den Menschen in diesem Land ihre Würde wiederzugeben. Und natürlich hat man uns dazu aufgefordert, endlich einen tatsächlichen, substantiellen und harten Verhandlungsdialog mit unseren europäischen Partnern aufzunehmen. Das ist der Auftrag, den wir erhalten haben, diesen Auftrag führen wir aus. Wir wussten von Beginn an, dass der Weg, auf dem wir schreiten würden, vermint sein würde. Wir waren uns der Schwierigkeiten bewusst, wir waren uns darüber im Klaren, dass man uns finanziell zu ersticken versuchen würde und versuchen würde uns dazu zu drängen, eine Politik umzusetzen, die einfach die Fortsetzung der von der vorherigen Regierung verfolgten Politikmuster ist.
Darüber waren wir uns im Klaren. Nun fangen auch unsere europäischen Partner an, uns kennenzulernen. Jene, die die Vorstellung im Hinterkopf hatten, wir könnten – mit einer gewissen Flexibilität, wie sie so schön sagen - die Politik der Vorgängerregierung fortsetzen, müssen wir leider enttäuschen.
Wir sind ohne Geheimdiplomatie und ohne persönliche Diplomatie in den Verhandlungsprozess getreten. Wir haben der griechischen Bevölkerung nichts vorenthalten, alles verlief vollständig transparent. Wir haben keine Sonderbehandlung verlangt, noch verlangen wir jetzt eine. Zur großen Überraschung vieler im Land, waren wir weder isoliert, noch waren wir ohne Partner. Das war es schließlich auch, was uns zur Vereinbarung des 20. Februar geführt hat.
Wir haben die internationale Dimension der Problematik aufgezeigt. Wir haben die Basis für eine Lösung von allseitigem Nutzen geschaffen. Erstmals musste Europa eingestehen, dass es auf europäischem Boden eine humanitären Krise von beispiellosem Ausmaß gibt, die nicht zufällig über dieses Land hereingebrochen ist, sondern das Ergebnis eines Finanzierungsprogramms ist, das unserem Land fünf Jahre lang auferlegt worden ist und grandios gescheitert ist. Dieses Eingeständnis, ist äußerst wichtig. Ebenso wichtig – und das möchte ich hier betonen – wie der Versuch des Kommissionspräsidenten Juncker, der mir am vergangenen Freitag in Brüssel zugesichert hat, dass ausreichende Gelder aus den laufenden europäischen Programmen aufgetrieben werden, um diese Wunden schließen zu können.
Erstmals hat Europa sich an den Gedanken zu gewöhnen begonnen, dass es innerhalb des europäischen Rahmens Regierungen geben kann, die sich dem neoliberalen Dogma widersetzen, das in den letzten Jahren sowohl von konservativen als auch vermeintlich sozialdemokratischen Regierungen verfolgt wurde.
Beim Eurogruppentreffen vom 20. Februar sind wir unter extremem Zeitdruck zu einer Vereinbarung gekommen und haben den ersten Schritt in einem Verhandlungsprozess getan, der selbstverständlich nicht beendet ist, sondern der, wie wir wohl wissen, einige Zeit andauern und sehr hart sein wird.
Was aber war es denn, was wir erreicht haben?
Wir haben den Abschluss einer Brückenvereinbarung erreicht, die nicht eine einzige Austeritätsmaßnahme beinhaltet und keine einzige interne Abwertungsmaßnahme. Wir haben die fünfte Überprüfung des vorherigen Programms annulliert, also diese wohlbekannte »Hardouvelis Email«.
Wir haben dem außerinstitutionellen Gebilde der Troika, die nach Griechenland zu kommen und in Ministerien zu kommen, Ordner aus den Regalen zu ziehen, die Minister zu verhören und zu demütigen pflegte, ein Ende gesetzt. Es gab Situationen, die hier in Griechenland aber auch in Paris stattgefunden haben, in denen gewählte Minister der griechischen Regierung Schlange standen und bis zwei Uhr morgens darauf gewartet haben aufgerufen zu werden, um von Technokraten verhört zu werden. Wir werden derartige Verhaltensweisen nicht dulden. So etwas wird nie wieder vorkommen, weder hier noch im Ausland!
Fortan wird der Verhandlungsprozess politisch geführt. Gewählte Volksvertreter werden mit gewählten Volksvertretern sprechen, Technokraten mit Technokraten! Und nicht zuletzt haben wir erreicht, dass es weder Lohn- noch Rentenkürzungen geben wird, keine einzige Entlassung, sowie die vollständige Trennung zwischen Kreditvereinbarung und Memorandum. Auf diese Weise hat unser Land zum ersten Mal die Möglichkeit erhalten, seine Reformen selbst zu planen und umzusetzen statt Forderungen und Bedingungen, die aus dem Ausland diktiert wurden, folge zu leisten.
Wir haben erreicht, dass das angesetzte, völlig unrealistische Niveau des Primärüberschusses gesenkt wurde, welches von unserer Vorgängerregierung ohne Einwand hingenommen worden war. Bei diesen Überschüssen, handelt es sich um die andere Seite der Medaille, wenn sie so wollen, es handelt sich um die andere Seite der Austerität. Diese Primärüberschüsse sind ein Synonym für Austerität. Diese Überschüsse, die Verpflichtung völlig überzogene Überschüsse nachzuweisen, das ist die Austerität, die unser Land die letzten Jahre so gequält haben.
Nach dem 20. Februar hat unsere Regierung der Eurogruppe eine eigene Liste mit Reformen vorgelegt. So kann nun jeder unsere Vorschläge mit denen der berühmt berüchtigten Email der Samaras-Regierung vergleichen. Diese Ereignisse haben allen unmissverständlich klargemacht, dass die griechische Regierung nicht dazu bereit ist, den von früheren Regierungen eingeschlagenen Weg fortzusetzen, Befehle von Technokraten entgegenzunehmen und die Emails technokratischer Teams in Gesetze umzuwandeln.
Es ist offenkundig, dass manche im In- und Ausland mit dieser Vereinbarung ganz und gar nicht zufrieden waren. Denn leider gibt es in diesem Land Leute, die noch mehr Troika sind als die Troika selbst und in ständigem Kontakt zu den »Angehörigen der Troika« stehen.
Sie sind wirklich ganz und gar nicht zufrieden und haben vom ersten Augenblick an, gleich am nächsten Tag, versucht, die Mitglieder unserer Regierung zu diskreditieren.
Manch anderer hat einfach die alte – zunehmend langweiliger werdende – Leier aus Erpressungen und Drohungen fortzusetzen versucht. Gewisse Technokraten, die nicht verstehen können oder wollen, dass die Dinge in Griechenland sich verändert haben, versuchen uns mit Ultimaten zu schrecken. Wir antworten mit Taten, statt Worten. Denn wie das Sprichwort sagt, sind viele Worte letztlich doch nur ein Armutszeugnis. Wir antworten, indem wir heute und übermorgen hier im Parlament einen Schutzwall für Souveränität und Würde errichten. Wir antworten, indem wir heute das Gesetz zur Bekämpfung der humanitären Krise verabschieden, wir antworten, indem wir die Vereinbarung des 20. Februar einhalten. Und wir antworten, wenn sie so wollen, mit absoluter Besonnenheit, aber auch mit aller Entschlossenheit.
Ich bin mir sicher, dass diese Verhaltensweise einiger unserer Partner - nicht aller, das möchte ich ganz deutlich sagen – vor allem das Auftreten einiger Technokraten bestimmter Abteilungsgruppen, letztlich nur dazu führt, die Argumente der griechischen Seite zu untermauern. Das einzige, was sie damit erreichen, ist Europa bloßzustellen. Was sonst ist über Personen zu sagen, die die Dreistigkeit besitzen, schriftlich darzulegen, dass die Bewältigung der humanitären Krise in Griechenland eine »einseitige Maßnahme« darstelle, die nicht mit den europäischen Institutionen vereinbar sei? Was sonst kann man über jene sagen, die uns dazu auffordern – vielleicht weil sie es bisher selbst immer so gehandhabt haben – einen Gesetzesentwurf auf Eis zu legen, so dass in Griechenland weiter tausende Haushalte frieren und ohne Strom auskommen müssen?
Und genau das, wenn sie so wollen, ist hier die Fragen, die ich selbstverständlich nicht an das griechische Parlament richte, sondern an die europäischen Institutionen. Ich stelle der politischen Führung Europas aber auch jedem einzelnen Bürger und jeder einzelnen Bürgerin Europas die Frage: Ist das Ihre Vision von Europa? Wollen wir so ein Europa errichten? Ein Europa, das Entscheidungen trifft, die ein Land in eine humanitäre Krise stürze. Ein Europa, das, nachdem es sich diese Tatsache eingestanden hatte, Gesetzesinitiativen zur Bewältigung dieser humanitären Krise als einseitige Maßnahme bezeichnet? Was für ein Europa ist denn das? Wer kann sich mit einem solchen Europa identifizieren?
Verehrte Damen und Herren Abgeordnete,
dieser Gesetzentwurf wird nach fünf Jahren sozialer und wirtschaftlicher Katastrophe vorgelegt, um Maßnahmen zur Gewährleistung sozialer Grundrechte wie Unterkunft sowie den Zugang zu Lebensmitteln und Energie zu verabschieden, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Welches europäische Vertragswerk oder welche Supermacht legitimiert denn bitte all jene, die die tobende Dreistigkeit besitzen, von einer einseitigen Maßnahme zu sprechen wie das dann hier in einigen Reihen auch noch papageienhaft nachgeplappert wird?
Wenn sie das tun, um uns Angst zu machen, dann ist die Antwort ganz simpel: Sie machen uns keine Angst. Wir lassen uns von so etwas nicht einschüchtern.
Seit nunmehr 50 Tagen bekomme wir wieder und wieder die selben inhaltsfreien Drohungen zu hören. Das einzige, was damit erreicht wird, ist diejenigen, die sie aussprechen, zu diskreditieren.
Wenn sie es jedoch tun, weil sie glauben, Europa würde so funktionieren – indem jegliche Form von Demokratie, Souveränität aber auch jegliche Form von Solidarität niedergetreten wird, dann haben wir es mit etwas anderem zu tun. Und das werden wir nicht so stehen lassen. Wir werden nicht nur für die Interessen Griechenlands einstehen, wir werden auch den Geist eines fortschrittlichen Europas und damit auch das Fortbestehen der Europäischen Idee verteidigen. Wir werden diese Thematik zum EU- Gipfeltreffen tragen, dem Europäischen Parlament und der Kommission vortragen. Wir werden es in allen bestehenden europäischen Institutionen zum Thema machen. Denn die Europäische Union ist nicht das Eigentum irgendwelcher Technokraten. Sie hat Institutionen und Regeln und in diesen Institutionen wird es Ankläger und Angeklagte geben. Denn wir haben es hier nicht mit Eigentümern und Mietern zu tun. Wir sind alle gleichberechtigte Partner, mit gleichen Rechten und Pflichten.
Verehrte Damen und Herren Abgeordnete,
die griechische Regierung ist entschlossen, die Vereinbarung des 20. Februar Wort für Wort einzuhalten. Das gleiche fordern wir jedoch auch von unseren Partnern. Wir wissen, dass wir einen harten Verhandlungsprozess vor uns haben, das hat nichts mit den individuellen Verhaltensweisen einiger unserer Partner zu tun haben, ich würde sagen nicht einmal mit den jeweils von den Nationalstaaten verfolgten Strategien. Die Essenz der Auseinandersetzung sind zwei miteinander kollidierende Strategien für Europa. Wir haben es mit miteinander kollidierenden wirtschaftlichen, politischen und sozialen Interessen zu tun, mit miteinander kollidierenden Klassenintressen, wenn sie so wollen.
Griechenland war fünf Jahre lang das Versuchskaninchen für wirtschaftliche Experimente, es wird jetzt versucht das Land zum Versuchstier eines politischen Experiments zu machen, um die herannahende politische Wende in anderen EU-Staaten im Keim zu ersticken, so dass die in ganz Europa weiterhin neoliberale Austeritätspolitik umgesetzt werden kann – denn einigen bringt sie Gewinne ein, während die Bevölkerung leidet, fahren andere Gewinne ein – so soll eine Europäischen Gesellschaft ohne Rechte, ohne soziale Absicherung und Kontrolle geschaffen werden.
Es wird ihnen nicht gelingen. Die politische Wende, die von der griechischen Wahl am 25. Januar eingeleitet wurde, naht heran wie ein reißender Fluss in ganz Europa – in Spanien, Irland und anderswo. Diese politische Wende ist nicht aufzuhalten, denn der Grund ihrer Entstehung ist das große soziale Unrecht, das scharfe soziales Gefälle und das dringende Bedürfnis der Völker Europas atmen zu können.
Das Griechenland von Memoranden und Austerität gehört längst der Vergangenheit an. Es gibt viele, die sich darum bemühen, den Verhandlungsprozess zu sabotieren. Es wird ihnen nicht gelingen, Europa wird den Weg von Demokratie und Solidarität einschlagen. Bald wird es Realität sein.
Wenn wir erfolgreich sind, dann wird das autoritäre Europa, das strafende Europa, das Europa eingeschränkter Demokratie schon bald der Vergangenheit angehören. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, aus dieser Auseinandersetzung als Sieger hervorzugehen.
Ich sagte eben, es gäbe viele, die versuchen den Verhandlungsprozess zu sabotieren, vielleicht ja, weil sie selbst nicht imstande sind, den Anforderungen eines solchen Verhandlungsprozesses gerecht zu werden. Doch sie werden scheitern. Denn ganz gleich was sie tun, es gibt eine Sache, die sie nicht können: nämlich das Vertrauensverhältnis zwischen dem griechischen Volk und der neuen Regierung untergraben. Das sollten sie ernsthaft bedenken und endlich damit aufhören einseitige Maßnahmen zu treffe. Wir fordern sie dazu auf, die Vereinbarung des 20. Februar einzuhalten, die sie unterschrieben haben.
Die neue griechischen Regierung hat ihren europäischen Partnern einen detaillierten Reformkatalog zur Bekämpfung von Steuerflucht und zum effektiven Wiederaufbau eines öffentlichen Verwaltungsapparates ohne Bürokratie vorgelegt. Diese Reformen sind tatsächliche Reformen. Sie sind dringend notwendig damit dieses Land seine chronischen Anfälligkeiten überwindet und soziale Gerechtigkeit geschaffen wird und dieser Schande, dass unser Land auf Platz eins der Liste der sozialer Armut steht und auf letzter Stelle des Index für soziale Gerechtigkeit zu finden ist, endlich ein Ende bereitet wird. Von all denen, die sich so sehr um Reformen sorgen, habe ich nie jemanden etwas über diese Problematik sagen hören, nie jemanden über tatsächliche Reformen sprechen hören, über Maßnahmen, mit denen man diese Situation bekämpfen kann.
Kürzungen, Entlassungen, Deregulierung des Arbeitsmarktes – sind das Reformen? Nein, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, das sind keine Reformen. Das ist reinste Rache. Bitte sagen sie mir, wann hat die Troika in den letzten Jahren, in denen sie hier in Griechenland war jemals die Hand auf den Tisch geschlagen und gesagt: wenn die Reform der öffentlichen Verwaltung oder wenn die Reform die Einführung eines gerechten Steuersystems nicht durchgeführt wird, wird die nächste Tranche nicht ausgezahlt? Wann hat sie das gesagt? Niemals! Gegenstand der Erpressungsspiele in Hinblick auf die Auszahlung der nächsten Tranche waren immer nur Entlassungen sowie Lohn- und Rentenkürzungen. All jene, die sich so sehr um die Reformen sorgen, sind Heuchler. Denn in diesem Land ist niemals ein strukturiertes Reformprogramm durchgesetzt worden. Lassen sie also die falschen Vorwände beiseite.
In der vergangenen Woche war ich auf Einladung von Herrn Gurria in Paris, bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OECD). Ich habe auch vor der Versammlung der Vertreter der Staaten gesprochen. Dor hatten haben uns wir vier Stunden lang über notwendige Reformen für Griechenland unterhalten und dort haben wir auch die Möglichkeit gehabt, endlich über diesen berühmt berüchtigten »OECD Werkzeugkasten« zu sprechen und es stellte sich heraus, dass dieser nichts mit der OECD zu tun hatte, sondern eine Erfindung der damaligen griechischen Regierung war, die sich den Stempel der OECD zu eigen gemacht hatte, um bestimmte Regelungen zu Gunsten ihr nahestehender Interessengruppen in diesem Land durchzusetze.
Bei der OECD haben wir einen breiten Rahmen von Reformen abgesteckt, in dessen Zentrum die Wiederherstellung sozialer Gerechtigkeit und die Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft stehen, welche von den Vorgängerregierungen nicht angegangen worden sind. Warum? Weil sie an einflussreiche Wirtschaftsinteressen gebunden waren. Jetzt haben wir die einzigartige Chance, sie endlich voranzutreiben. Warum? Weil dieses Land jetzt eine Regierung hat, die nicht an wirtschaftliche Interessengruppen gebunden ist und der die große Mehrheit des griechischen Volkes unterstützend zur Seite steht.
Reformen also mit positiven sozialen aber auch fiskalisch positiven Vorzeichen. Wir sind bereit sie umzusetzen, wir werden sie umsetzen. Nicht weil man das von uns verlangt, sondern weil wir es umsetzen wollen. Ebenso wie die am 20. Februar getroffene Vereinbarung.
Wer, die Vereinbarung vom 20. Februar ignorieren will, wer glaubt, die Wahlen hätten nichts verändert, wer der Meinung ist, dass in den sogenannten Programmländern keine Wahlen stattfinden bräuchten, wer glaubt, dass statt gewählten Volksvertretern besser Technokraten Regierungsämter bekleiden sollten, wer davon träumt Griechenland würde trotz des klaren und deutlichen Mandates seiner Bevölkerung, in das Zeitalter des Memorandums zurückkehren, wer seine institutionell festgelegte Rolle in Europa überschreitet, soll sich seine Drohungen für dort aufsparen, wo ihnen Folge geleistet wird. Das betrifft unsere Regierung nicht, vor allem jedoch betrifft es das Volk dieses Landes nicht!
Liebe KollegInnen, wir sind hier, weil wir uns verpflichtet haben für die Würde und das Recht dieses ganzen Volkes einzutreten, welches all diese Jahre leiden musste. Wir haben uns verpflichtet, der Zukunft und den kommenden Generationen zu dienen. Und genau das, werden wird tun. Sehr verehrte KollegInnen, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie darum, unabhängig davon, welcher Fraktion sie angehören, es uns gleich zu tun , indem Sie für den ersten Gesetzentwurf stimmen, den diese Regierung zur Sicherung des sozialen Zusammenhalts dem Parlament vorgelegt hat.
Ich danke Ihnen.
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