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Ein wilder, verzweifelter Haufen

Beim Hamburger SV übernimmt der dritte Trainer in dieser Saison. Anlass zu Hoffnung gibt Peter Knäbel aber nicht

Weil der HSV die Fehler der Vergangenheit wiederholt, wird der Weg für den Klub in die Zweitklassigkeit immer kürzer.

Jeans, Hemd, Pullover - das trägt Peter Knäbel am liebsten. Seit Montag muss der 48-Jährige seinen Kleidungsstil zumindest zeitweise ändern: Wenn er als Trainer fortan die Fußballer des Hamburger SV besser machen will. Und er muss jetzt natürlich Sätze wie diesen formulieren: »Ich bin überzeugt, aus der Mannschaft die Qualitäten herauszuholen, die es braucht, um im Abstiegskampf zu bestehen.« Das war Joe Zinnbauer nicht gelungen. Nach der 0:1-Heimniederlage am Freitag gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Berliner von Hertha BSC ist der HSV auf den Relegationsplatz abgerutscht. Am Sonntagabend wurde Zinnbauer nach zwei Krisensitzungen dann von seinem Amt freigestellt - und Knäbel, bislang Direktor Profifußball, übernahm bis zum Saisonende ein zweites.

Was wohl Heiko Westermann dazu sagt? Vor einer Woche äußerte er jedenfalls folgendes: »Eigentlich ist es bei drei Trainern in einer Saison ein Wunder, dass man nicht absteigt.« Der Abwehrallrounder hatte damit auf die vergangene Saison zurückgeblickt, als der HSV erst in zwei Relegationsspielen gegen Greuther Fürth mit zwei Unentschieden ganz knapp der Zweitklassigkeit entkommen war. So schnell wurde Westermann nun von der Realität eingeholt: Nach Mirko Slomka und Zinnbauer ist Knäbel der dritte Trainer beim Hamburger SV in dieser Saison. Es war die siebte Trainerentlassung in der Bundesliga.

Dass der HSV dieses Ranking anführt, sagt viel über den Klub und seine negative Entwicklung aus. Einerseits traf er bei der Wahl seiner Trainer falsche Entscheidungen. Wie zuletzt bei Zinnbauer. Der 44-Jährige wurde nur von der U 23 zum Chefcoach befördert, weil kein geeigneterer Kandidat aufgetrieben werden konnte. Der Fehler: Die Hamburger wollten nach der Entlassung von Slomka im September nur eine Übergangslösung auf dem Trainerstuhl bis zum Saisonende. Da sagte selbst einer wie Bruno Labbadia ab. Zinnbauer war also nur dritte, vierte oder fünfte Wahl. Das Ergebnis: Das 0:1 gegen Hertha war das 15 Saisonspiel ohne eigenen Treffer - Vereinsrekord.

Selbst aus Fehlern der jüngsten Vergangenheit scheint der HSV nicht lernen zu wollen. Auch nach der Entlassung von Zinnbauer handelte sich der Klub nur Absagen ein. Weil die Bedingung wieder war, einen Trainer nur für die verbleibenden acht Ligaspiele zu holen. Weil der Klub nach wie vor auf die große Lösung im Sommer hofft: Thomas Tuchel. Es ist aber schwer vorstellbar, dass es den begehrten Fußballlehrer in die zweite Liga zieht. Der Weg dorthin ist kurz für den HSV und führt über Knäbel. »Peter ist die beste Option«, sagte Dietmar Beiersdorfer, Vorstandsvorsitzender des Klubs am Montag. Und fügte an: »Was nicht schwer ist, weil er die einzige war.«

Was selbstironisch klingen soll, ist Ausdruck purer Verzweiflung. Denn Knäbel bietet nichts, was Hoffnung im Abstiegskampf machen könnte. Als Trainer arbeitete er drei Jahre in der Jugend beim 1. FC Nürnberg sowie zwei Jahre in der Schweiz beim FC Winterthur. Das ist fünfzehn Jahre her. Seine Erfolge feierte er in Jeans, Hemd und Pullover: als Technischer Direktor erst beim FC Basel und dann beim Schweizer Fußballverband.

Sechs Trainer in zwei Jahren, 19 in den vergangenen 18. Nicht nur Qualität, auch die Quantität ist ein Problem. Verursacht durch ewiges Führungschaos, zu sehen jedes Wochenende auf dem Platz. Die Mannschaft ist ein wild zusammengekaufter Haufen, mit einem ungeeigneten Anführer. Kapitän Rafael van der Vaart darf wohl nur noch mitspielen, weil Investor Klaus-Michael Kühne ihn bezahlt hat. Ein Konzept, eine spielerische Linie gibt es ob der fehlenden Kontinuität auf der Trainerposition nicht. Kein Wunder, dass selbst Führungsspieler wie Westermann verunsichert sind. Kein Wunder auch, dass Winterneuzugang Ivica Olic, der bisher bei all seinen Klubs überzeugen konnte, beim HSV nicht funktioniert.

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