Sieben Tage, sieben Nächte

»Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun« - dieser Satz wird Jesus zugeschrieben; er gehört zu den letzten Worten, die der Sohn einer Hausfrau und eines Zimmermanns aus Nazareth gesprochen haben soll. Sogar ein Hollywood-Film heißt so (»Denn sie wissen nicht, was sie tun«), allerdings lediglich in der deutschen Fassung, weil die Filmimporteure in den 50ern meinten, eine Geschichte über die amerikanische Nachkriegsgeneration lasse sich besser mit einem Titel verkaufen, den die Leute aus dem Gottesdienst kennen.

In der Osterzeit wurde und wird die Passionsgeschichte des Jesus von Nazareth wieder an vielen Orten aufgeführt; meist endet sie mit der Kreuzigung des Mannes, der sich berufen fühlte, Gottes Sohn zu sein. Seine Geschichte geht aber weiter: Sie handelt von Tod und Auferstehung, Leid und Freude, Martyrium und Hoffnung, Schuld und Vergebung - Ostern ist ein Fest des Lebens, weil all das zum Leben gehört.

Wir haben für diese Ausgabe des Wochen-nd, die sich aus sehr verschiedenen Richtungen dem vielschichtigen Begriff Vergebung nähert, Bilder des Berliner Fotografen Ulrich Burchert ausgewählt. Burchert, Jahrgang 1940, hatte zunächst in technischen Berufen gearbeitet, widmete sich dann der Fotografie und wurde einer der bekanntesten Reportagefotografen der DDR. Zwischen 1974 und 1984 beobachtete er intensiv das kulturelle Leben, die Bräuche der Sorben. Von Geburt und Taufe bis Tod und Beisetzung, vom Beginn bis zum Ende der menschlichen Existenz pflegt diese slawische Minderheit in der Lausitz ihre Traditionen. Burchert zeigt mit seinen Bildern den Kreislauf des Jahres ebenso wie den Kreislauf des Lebens.

Zu den bekanntesten Bräuchen der Sorben gehört das Osterreiten. Ursprünglich ein Ritt um die Felder, um Saat und Ernte symbolisch zu schützen, wurde der Brauch im Lauf der Zeit religiös aufgeladen. Längst feiern die zumeist katholischen Sorben der Oberlausitz damit am Ostersonntag in langen, jedem Wetter trotzenden Prozessionen die Auferstehung Christi. Ein in seiner archaischen Ernsthaftigkeit berührendes Ereignis - durchaus auch für atheistische Zuschauer.

Ein schönes Osterfest und eine anregende, erkenntnisreiche Lektüre wünscht,

Wolfgang Hübner

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