Auf der Anklagebank
Olaf Standke über Polizeigewalt gegen Afroamerikaner in den USA
Eigentlich wollte der junge Mann das am Wochenende in North Charleston zufällig aufgenommene Video schon löschen, wie er am Donnerstag im Fernsehen erzählte. Doch dann las er den Polizeibericht über die tödlichen Schüsse eines weißen Polizisten auf einen Schwarzen, und er wusste: Die dort reklamierte Notwehr des Gesetzeshüters ist eine unverfrorene Lüge. Inzwischen wurde der Beamte entlassen und des Mordes angeklagt, zu erdrückend der Beweis, zu abschreckend wohl auch die heftigen Proteste nach ähnlichen Fällen in jüngerer Vergangenheit. Allein seit Juli 2014 sind es acht Todesopfer, die landesweit bekannt wurden.
Aber wie oft, so fragten nicht nur die Eltern des nun ermordeten Walter Scott, mögen Augenzeugen gefehlt haben. Denn es geht nicht um Einzelfälle, sondern um strukturelle Gewalt, die auch Jahrzehnte nach der formalen Gleichstellung der Afroamerikaner in »Gottes eigenem Land« tief im Denken vieler Weißer und in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ihre Wurzeln hat. In North Charleston leben 100 000 Menschen, fast die Hälfte sind Afroamerikaner, aber nur 20 Prozent der Polizisten, um nur ein Problem zu nennen. So wichtig die jetzt beschlossenen Körperkameras für die Polizisten der Kommune sein mögen, um ihre Arbeit transparenter zu machen - ändern muss sich vor allem etwas in den Köpfen.
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