Letztes Wort des BGH: Ansprüche verjährt

Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG)

  • Lesedauer: 4 Min.
Es wurde heftig diskutiert, ob Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) verjähren können und zum Ende des Jahres 2011 Verjährung eintritt, wenn sie bis dahin nicht verjährungshemmend geltend gemacht wurden.

Mehrheitlich, auch durch den Unterzeichner, wurde geraten, verjährungshemmende Aktivitäten zu entfalten, insbesondere Klage beim Gericht zu erheben, um die Sicherung noch bestehender und noch nicht durchgesetzter Ansprüche nach dem SachenRBerG zu sichern.

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21. November 2014 (Az. V ZR 32/14) in einem Fall aus dem Land Brandenburg entschieden, dass Bereinigungsansprüche von Nutzern nach dem SachenRBerG in 10 Jahren verjähren, wobei Fristbeginn der Verjährung der 1. Januar 2002 ist.

Der Sachverhalt

Der Beklagte, seinerseits Nutzer einer vom früheren VEB KWV überlassenen Teilfläche von 400 m² eines Grundstücks, die er aufgrund eines Pachtvertrages aus dem Jahre 1978 gepachtet hatte, hatte diese aufgrund eines Prüfbescheids der zuständigen Behörde mit einer Finnhütte bebaut. Er hatte nachfolgend die Bereinigung nach dem SachenRBerG von der Eigentümerin begehrt und sich gemäß Artikel 233 § 2a Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) einen Vermerk über das Recht zum Besitz eines Eigenheims im Grundbuch eintragen lassen. Die Eigentümerin war dem Anspruch auf Bereinigung nicht nachgekommen und hatte den Nutzer auf den Klageweg verwiesen. Diesen beschritt er indes nicht, so dass die Klägerin vom Nutzer die Abgabe einer Verzichtserklärung und die Löschung des Besitzrechtsvermerks im Grundbuch verlangte, Ihrer nachfolgenden Klage wurde durch alle Instanzen bis zum BGH stattgegeben.

Die Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass die Eigentümerin vom Nutzer gemäß § 886 BGB die Beseitigung des Besitzrechtsvermerks aus dem Grundbuch und dazu die Abgabe der für die Löschung erforderlichen Erklärungen verlangen kann. Ein etwaiger Bereinigungsanspruch nach dem SachenRBerG, der durch den Besitzrechtsvermerk gesichert ist, sei aufgrund eingetretener Verjährung und Erhebung der entsprechenden Einrede der Verjährung durch die Grundstückseigentümerin erloschen.

Ansprüche nach dem SachenRBerG sind, wie der BGH ausdrücklich festgestellt hat, nicht unverjährbar. Sie verjähren in einer Frist von 10 Jahren ab dem Entstehen. Entstanden sind sie nach dem SachenRBerG mit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Oktober 1994. Damals betrug die anzuwendende allgemeine Verjährungsfrist nach der alten Fassung des BGB noch 30 Jahre (§ 195 BGB aF).

Das Schuldrecht des BGB wurde jedoch modernisiert, und am 1. Januar 2002 ist das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts und die Neuregelung mit der Verkürzung auf eine Verjährungsfrist von 10 Jahren in Kraft getreten (§ 196 BGB nF). Folglich begann die verkürzte Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 zu laufen (Artikel 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB).

Soweit verjährungshemmende Maßnahmen also nicht ergriffen wurden, ist Verjährung mit Ablauf des Jahres 2011 eingetreten, sind Bereinigungsansprüche nach dem SachenRBerG bei Erhebung der Einrede der Verjährung nicht mehr durchsetzbar.

Der BGH musste nicht abschließend entscheiden, durch welche Art Sicherungsmaßnahmen eine Hemmung der Verjährung in Fällen offener Ansprüche nach dem SachenRBerG möglich ist/war. Klar ist jedenfalls, dass eine Klage beim Gericht eine solche Hemmung der Verjährung herbeigeführt hat, soweit sie mindestens noch im Jahre 2011 anhängig gemacht wurde (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Dem BGH zufolge ist eine Hemmung der Verjährung auch durch die Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens nach § 87 Abs. 2 SachenRBerG möglich gewesen (vom BGH bejaht anlog § 82 Abs. 3 Satz 3 SachenRBerG).

Des Weiteren konnten auch Maßnahmen ergriffen werden, die dem BGB zu entnehmende weitere Tatbestände zur Hemmung der Verjährung ausfüllen. Das betrifft, insbesondere das Führen/Schweben von Verhandlungen zwischen Eigentümer und Nutzer über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände (§ 203 BGB). Das allerdings führt nur für die Dauer der Verhandlungen zur Hemmung, wie auch das Treffen einer möglichen Vereinbarung betreffend die Verjährung oder der Verzicht, auch befristet, auf die Einrede der Verjährung.

Im Ergebnis hat der BGH aufgrund der erhobenen Einrede der Verjährung und des tatsächlichen Verjährungseintritts gar nicht mehr über das Bestehen eines Anspruchs nach dem SachenRBerG entschieden, denn ein solcher kann nicht mehr durchgesetzt werden.

Fazit

Mit der Entscheidung des BGH ist nunmehr Klarheit geschaffen, dass alle diejenigen, die spätestens im Jahre 2011 keinerlei Aktivitäten mehr zur Sicherung etwaiger Ansprüche nach dem SachenRBerG unternommen haben, diese grundsätzlich auch nicht mehr durchsetzen können. Dies gilt nicht nur für die Fälle der Sachenrechtsbereinigung des Auseinanderfallens von Grundstücks- und Gebäudeeigentum, sondern auch für die gemäß dem SachenRBerG zu bereinigenden nicht vollzogenen Kaufverträge. Auch für alle Fälle der Sicherung sogenannter faktischer Mitbenutzungen an fremden Grundstücken wie Geh-und Fahr- oder Leitungsrechte.

Sind in solchen Fällen der nicht erfolgten Bereinigung Besitzrechtsvermerke im Grundbuch eingetragen, sollte zur Vermeidung unnützer Rechtsstreite bei Erhebung der Einrede der Verjährung durch den Eigentümer und Geltendmachung eines Löschungsanspruchs dem auch nachgekommen werden.

Wegen der Vielzahl der unterschiedlichen Fälle ist immer eine Einzelfallprüfung zu empfehlen, bevor rechtswirksame Erklärungen abgegeben und Handlungen getätigt werden.

Frank Auerbach,

Rechtsanwalt und Fachanwalt

für Verwaltungsrecht

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