»Das wäre Bruch der Verfassung«

Opposition fordert: Sachsen soll bei Anti-Terror-Datei abseits stehen

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 2 Min.
Sachsen darf sich womöglich nicht an einer neuen Anti-Terror-Datei beteiligen. Opposition und der Datenschutzbeauftragte verweisen auf ein Urteil des Verfassungsgerichts.
Die Anti-Terror-Datei in der Bundesrepublik, auf deren Einrichtung sich die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern (IMK) vorige Woche einigte, muss womöglich ohne Beteiligung Sachsens geschaffen werden. Die Sicherheitsbehörden des Freistaats dürften sich »nicht an einer solchen Datei beteiligen«, heißt es in einem Dringlichen Antrag der Linksfraktion, der diese Woche im Landtag behandelt werden soll. Die Regierung wird aufgefordert, sich gegen die Einrichtung der Datei zu wenden und jegliche Unterstützung zu versagen. Zur Begründung verweist Klaus Bartl, Rechtspolitiker der Fraktion, auf das Trennungsgebot von Polizei und Verfassung, das als Konsequenz aus der NS-Zeit im Grundgesetz verankert ist. Mit der Datei werde bei dessen Aushöhlung »der Rubikon überschritten«, sagte er. Der geplanten »Zentralisierung der Sicherheitsbehörden« werde sich seine Partei daher widersetzen. Der Dissens mit der IMK in dieser Frage sei »prinzipieller Natur«. Für Sachsen gebe es ohnehin eine besondere Rechtslage. Sie ergibt sich aus einem Verfassungsgerichtsurteil von 2005, bei dem auf Klage der Linksfraktion über das Verfassungsschutzgesetz befunden wurde. Polizei und Verfassungsschutz seien »prinzipiell so weit wie möglich voneinander abzugrenzen«, heißt es da in Klarstellung von Artikel 83 der Landesverfassung, wonach der Freistaat »keinen Geheimdienst mit polizeilichen Befugnissen unterhält«. Die Trennung dürfe auch durch eine »Integration der Arbeitsabläufe« nicht umgangen werden. Unter Verweis auf das Urteil lehnen auch die Bündnisgrünen eine Beteiligung Sachsens an der Datei ab. Dies »wäre Verfassungsbruch«, warnt Innenpolitiker Johannes Lichdi, der Minister Albrecht Buttolo (CDU) zudem vorwirft, »seine Hand zur Schleifung des Erbes der demokratischen Revolution von 1989« zu reichen. Andreas Schurig, Landesbeauftragter für Datenschutz, erklärte, der Freistaat dürfe sich »aus Rechtsgründen« nicht an der Datei beteiligen. Das Urteil verlange eine »grundsätzliche informationelle Trennung« von Verfassungsschutz und Polizei, deren Erkenntnisse aber für die Datei im Gegenteil gekoppelt werden sollten. Alles andere als eine Nichtbeteiligung sächsischer Behörden wäre, so Schurig, »ein Bruch der Verfassung«. Minister Buttolo teilt die Bedenken nicht und mahnte, den Gesetzentwurf des Bundesministers abzuwarten, der noch im September erwartet wird. Falls dieser doch nicht mit den Vorgaben des Leipziger Urteils übereinstimmt, beugt Buttolo bereits vor: Das Bundesgesetz stehe »im Übrigen über dem Landesrecht«. Diese Haltung, entgegnet Bartl, zeuge von »erschreckender Ahnungslosigkeit« des Ministers. Ob im Fall einer sächsischen Beteiligung erneut das Verfassungsgericht entscheiden muss, ist unklar. Bartl räumte ein, dass noch geprüft wird, in welcher Form die Fraktion in Leipzig gegen ein Bundesgesetz klagen könnte: »Ich gehe aber davon aus, dass wir dazu in der Lage sind.« Ähnliche Aktivitäten werde es zudem im Bundestag geben.
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