Neues Gutachten: Kluft zwischen Arm und Reich wird tiefer
Wohlfahrtsverband fordert höhere Steuern auf Vermögen und Erbschaften
Berlin. Der Paritätische Gesamtverband hat die Sozialpolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Die im vergangenen Jahr umgesetzten Gesetzesvorhaben seien nicht geeignet gewesen, einer sozialen Spaltung entgegenzuwirken, heißt es in dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Jahresgutachten des Wohlfahrtverbands. Maßnahmen wie die umstrittene Rentenreform hätten die Entwicklung sogar verschärft.
Die Ergebnisse seien alarmierend, beklagen die Autoren des Gutachtens. Trotz guter Konjunktur sei die Armut erneut gestiegen, die Langzeitarbeitslosigkeit habe sich verfestigt und die Kluft zwischen Arm und Reich werde immer tiefer. In dem Gutachten wurden verschiedene Gesetzesvorhaben des vergangenen Jahres bewertet. Darunter sind die Pflegereform, der Mindestlohn, das Rentenpaket oder Veränderungen im Staatsangehörigkeitsrecht.
Zu den Verlierern zählen laut Gutachten vor allem Langzeitarbeitslose, Kinder in einkommensschwachen Haushalten und arme ältere Menschen. Der Verband forderte mehr Unterstützung für diese Gruppen von der Bundesregierung, höhere Hartz-IV-Sätze sowie eine Reform der Altersgrundsicherung. Zudem sprach sich der Paritätische Gesamtverband für eine höhere Besteuerung sehr hoher Einkommen, Vermögen und Erbschaften aus.
In einer am Dienstag in Frankfurt am Main vorgestellten Denkschrift warnt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unterdessen vor einer wachsenden sozialen Ungleichheit. Während sich die Lage am Arbeitsmarkt insgesamt positiv entwickelt habe, sei die Zahl atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse gestiegen, kritisierte die EKD. In der Folge wachse der Niedriglohnsektor. Hier müssten Politik und Sozialpartner für Beschäftigungsbedingungen im Interesse der Schwächsten sorgen, fordert die EKD.
Im Vorwort der Denkschrift mit dem Titel »Solidarität und Selbstbestimmung im Wandel der Arbeitswelt« schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, das Auseinanderdriften der Einkommen und Vermögen sei Anlass zur Sorge. Noch nie seit 1945 seien die Unterschiede so groß gewesen wie heute. »Wer gesellschaftliche Teilhabe für die Menschen in der Gesellschaft fordert, wie dies in christlicher Ethik unabdingbar ist, der kann sich mit sozialer Ungleichheit nicht abfinden«, mahnt der bayerische Landesbischof. epd/nd
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