»Anhörung ohne Beteiligung der Betroffenen«

Tarifeinheitsgesetz: Kleine Gewerkschaften kritisieren »gezielten Ausschluss« bei parlamentarischen Beratungen / Chef von dbb Beamtenbund spricht von »Farce«

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Kleinere Gewerkschaften werden bei der parlamentarischen Beratung des umstrittenen Gesetzes zur Tarifeinheit offenbar ignoriert. Auf eine offizielle Stellungnahme zu der seit Monaten hart umstrittenen Novelle werde verzichtet, kritisierte unter anderem der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Rudolf Henke. Zu einer Anhörung im Bundestag am Montag seien die kleineren Gewerkschaften nicht einmal eingeladen. »Eine zweistündige Anhörung ohne Beteiligung der maßgeblich Betroffenen wirkt wie ein gezielter Ausschluss«, sagte Henke dem »Focus«.

Auch die Lokführergewerkschaft GDL kann nur mittelbar über den Dachverband dbb Beamtenbund eine Stellungnahme abgeben. Dessen Chef Klaus Dauderstädt nennt das Gesetzgebungsverfahren eine »Farce«. Es sei »traurig, wenn sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Gesetz beschäftigen und den Bundestag über die Grundrechte belehren muss«.

Das Tarifeinheitsgesetz soll angeblich Konflikte zwischen konkurrierenden Gewerkschaften innerhalb eines Betriebes lösen, die für dieselben Berufsgruppen unterschiedliche Tarifverträge aushandeln wollen. Im Streitfall soll der Tarifvertrag jener Gewerkschaft gelten, die im Betrieb die meisten Beschäftigten vertritt, so der Entwurf. Experten, Opposition und Gewerkschafter kritisieren jedoch, dass das Gesetz ein unzulässiger Eingriff in die im Grundgesetz verankerte Koalitionsfreiheit sei. »Der elende Gesetzesentwurf von Merkel und Nahles bedeutet Streikbruch per Gesetz«, hatte zum Beispiel Linksparteichef Bernd Riexinger erklärt.

Ärzte-Gewerkschafter Henke glaubt, das Gesetz noch stoppen zu können: »Ich habe den Eindruck, dass in den Fraktionen von Union und SPD die Skepsis wächst.« Viele Abgeordnete fragten sich, »warum die Bundesregierung die Einwände gegen das Gesetzesvorhaben weitgehend unbeantwortet lässt«. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!