Gauck gedenkt sowjetischer Kriegsgefangener
Tod von mehreren Millionen Rotarmisten eines der größten Nazi-Verbrechen
Schloß Holte-Stukenbrock. Bundespräsident Joachim Gauck hat den Tod von mehreren Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen als eines der größten Verbrechen der Nazizeit verurteilt. Bei einer Gedenkfeier im westfälischen Schloß Holte-Stukenbrock sagte Gauck am Mittwoch: »Millionen von Soldaten der Roten Armee sind in deutscher Kriegsgefangenschaft ums Leben gebracht worden - sie gingen an Krankheiten elendig zugrunde, sie verhungerten, sie wurden ermordet.«
Zugleich dankte Gauck den Westalliierten und der Sowjetunion, dass sie vor 70 Jahren gemeinsam Deutschland zur Kapitulation gezwungen und von der Nazi-Diktatur befreit hätten. Laut vorab verbreitetem Redemanuskript sagte er: »Wir Nachgeborenen in Deutschland haben allen Grund, für diesen aufopferungsvollen Kampf der ehemaligen Gegner in Ost und West dankbar zu sein. Er hat es möglich gemacht, dass wir in Deutschland heute in Freiheit und Würde leben können.«
In dem Kriegsgefangenenlager »Stalag 326 Senne« waren mehr als 300.000 Gefangene inhaftiert, etwa 65.000 von ihnen kamen ums Leben. Durch die unbarmherzige Behandlung, die die insgesamt 5,3 Millionen Sowjetsoldaten in deutscher Gefangenschaft erlitten, sei deutlich mehr als die Hälfte von ihnen ums Leben gekommen, sagte Gauck.
Der Bundespräsident hatte zu der Gedenkfeier auch Diplomaten aus Ländern eingeladen, die Teil der ehemaligen Sowjetunion waren. Auch ein Überlebender des Lagers, Leo Frankfurt (93) und Angehörige eines gestorbenen Lagerhäftlings sollten teilnehmen.
»Wir stehen hier und erinnern an dieses barbarische Unrecht und die Verletzung aller zivilisatorischen Regeln«, sagte Gauck. Anders als im Westen sei der Krieg im Osten von Anfang an als Vernichtungs- und Ausrottungskrieg geführt worden. Die entsprechenden Befehle Adolf Hitlers habe die Wehrmacht bereitwillig umgesetzt. »Auch die Wehrmacht hat sich schwerer und schwerster Verbrechen schuldig gemacht«, sagte Gauck.
Das grauenhafte Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland liege bis heute in einem »Erinnerungsschatten«. Durch die Besatzungs- und Expansionspolitik der Sowjetunion sowie die Errichtung einer kommunistischen Diktatur im Osten Deutschlands hätten sich diejenigen bestätigt gesehen, »die wegschauen und sich nicht erinnern wollten«. Auch die Erinnerung an den Völkermord an den Juden habe die Auseinandersetzung mit den anderen Verbrechen überlagert.
Dabei seien die Verbrechen der Nationalsozialisten an verschiedenen Gruppen zutiefst miteinander verbunden: »So wurden die Juden, die Sinti und Roma ausgesondert, gedemütigt und ermordet, die Behinderten, die Homosexuellen.« Völker im Osten seien als »minderwertig« diffamiert worden, betonte Gauck. dpa/nd
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