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Das streikende Deutschland

Eine Übersicht über aktuelle Arbeitskämpfe

  • Lesedauer: 9 Min.

Update 16.15 Uhr: Nach der Tarifeinigung für die 3000 Beschäftigten der Brandenburger Nahverkehrsbetriebe hat die Urabstimmung über die Annahme des Kompromisses begonnen. Ein Ergebnis zum endgültigen Ende des Streiks im Nahverkehr werde voraussichtlich kommenden Donnerstag vorliegen, sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft ver.di, Marco Pavlik, am Donnerstag. Nach dem Tarifkompromiss sollen die Beschäftigten rückwirkend zum 1. Mai bis Ende 2016 monatlich 100 Euro brutto mehr bekommen. Der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) stimmte dem Ergebnis am Donnerstag zu. Positiv sei von den Unternehmen vor allem bewertet worden, dass kein Sonderbonus für Gewerkschaftsmitglieder vereinbart worden sei, sagte KAV-Verhandlungsführer Klaus Klapproth. ver.di hatte vergeblich ein Urlaubsgeld nur für Gewerkschaftsmitglieder gefordert. Die Bus- und Straßenbahnfahrer hatten in dem Tarifkonflikt den Nahverkehr in Brandenburg seit Ende April zwei Wochen lang lahmgelegt. Am 11. Mai war der Streik für die neuen Verhandlungen, die zur Einigung führten, ausgesetzt worden.

Tarifverhandlungen bei der Post vertagt - keine Fortschritte

Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Post über kürzere Arbeitszeiten entwickelt sich immer mehr zu einem lähmenden Dauerstreit. Am Donnerstag endete die fünfte Verhandlungsrunde in Königswinter bei Bonn ohne Fortschritte. »Der Arbeitgeber verweigert bislang jegliche Zugeständnisse zu unseren Forderungen«, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. Im Juni müsse es zu einer Entscheidung kommen. Die Post forderte ver.di auf, die Verhandlungen konstruktiv fortzusetzen.

Update 21.5., 12.45 Uhr: Erzieher in den kommunalen Kindertagesstätten haben am Donnerstag erneut für höhere Löhne gestreikt. Der Schwerpunkt in Sachsen lag nach Angaben der Gewerkschaft ver.di in Leipzig, Görlitz, Zwickau und Werdau. Ver.di rechnete am Morgen mit bis zu 500 Erziehern, die sich an dem Ausstand beteiligen.
Der Sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) wies unterdessen die finanziellen Forderungen der Gewerkschaften im Kita- Streik zurück. Die verlangte Höhergruppierung der Erzieherinnen laufe auf Gehaltszuwächse von durchschnittlich knapp 15 Prozent und in Einzelfällen auf mehr als 20 Prozent hinaus. »Ein derartiger Gehaltssprung würde die sächsischen Kommunen überfordern«, erklärte SSG-Geschäftsführer Mischa Woitscheck am Donnerstag.
In Thüringen haben am Donnerstag insgesamt rund 200 Erzieher an kommunalen Kindertagesstätten an Streikkundgebungen in Erfurt und Jena teilgenommen. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) war die Beteiligung damit um ein Drittel geringer als erwartet. Das liege zum einen an der bereits langen Dauer des Ausstands, sagte ein GEW-Sprecher. Zum anderen spürten die Erzieher eine soziale Verantwortung gegenüber den Kindern, und einige gingen daher lieber arbeiten. Auch in Brandenburg wurde der Kita-Streik fortgesetzt.

Die Gewerkschaft ver.di hat in Rheinland-Pfalz Warnstreiks im Einzelhandel beschlossen. In verschiedenen Städten seien Aktionen geplant, sagte ver.di-Gewerkschaftssekretär Stefan Prinz am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Auch Streiks seien vorgesehen. Die Arbeitskämpfe liefen zunächst unbefristet. Gewerkschaft und Arbeitgeber hatten ihre Tarifgespräche nach der zweiten Runde erneut vertagt und wollen am 23. Juni weiterverhandeln. Der Einzelhandelsverband zeigte sich dennoch zuversichtlich.

Die Gewerkschaft fordert für die rund 100.000 Beschäftigten eine Gehalts- und Lohnerhöhung von einem Euro pro Stunde, Auszubildende sollen 70 Euro im Monat mehr erhalten. Die Arbeitgeber boten in der ersten Runde im April eine Gehalts- und Lohnerhöhung um 1,5 Prozent ab 1. Juni bei 21 Monaten Laufzeit des Tarifvertrags an. Das Angebot umfasst auch eine Einmalzahlung von 215 Euro, die in zwei Raten 2016 ausgezahlt werden soll - und danach weiter als feste Größe in bestimmten Bereichen. Nach Angaben der Arbeitgeber entspricht die ver.di-Forderung umgerechnet zwischen vier Prozent in oberen und bis über zehn Prozent in unteren Lohngruppen.

Das Angebot der Arbeitgeber komme der Forderung von ver.di in keinster Weise entgegen, sagte Gewerkschaftssekretär Prinz. Der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Mittelrhein-Rheinhessen-Pfalz, Thomas Scherer, sagte, die Arbeitskämpfe seien für ihn keine große Überraschung. »Wir sind immer noch zuversichtlich, dass wir eine Einigung finden.«

Das streikende Deutschland

Der neunte Streik der Gewerkschaft der Lokführer steht derzeit klar im Vordergrund: Doch nicht nur die Zugführer streiken: Auch Postboten, Erzieherinnen, Geldtransporteure und Beschäftigte des Einzelhandels befinden sich im Ausstand. Eine Übersicht.

Streiks in den Kitas fortgesetzt

Am heutigen Mittwoch sind in mehreren Bundesländern die unbefristeten Streiks in den Kindertagestätten fortgesetzt worden. In Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt blieben viele kommunale Kitas geschlossen.

In Brandenburg haben die Erzieher nach Angaben der Gewerkschaft ver.di im Landkreis Oberspreewald-Lausitz ihre Arbeit niedergelegt. Kommunale Kitas in den Städten Lübbenau und Vetschau sowie in der Gemeinde Altdöbern blieben geschlossen. Geplant ist, diese Aktion dort bis einschließlich Freitag fortzusetzen.

In Saschsen-Anhalt sind die Einrichtungen in Dessau-Roßlau, Köthen und Halle betroffen, wie der Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Alexander Pistorius, mitteilte. Etwa 400 Beschäftigte der Sozial- und Erziehungsdienste werden am Vormittag zu einer Kundgebung in Halle erwartet. Dort wollen sie laut GEW den Schulterschluss mit den Eltern suchen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Die Beschäftigten in Dessau-Roßlau verlängerten ihren Streik, sagte ver.di-Sprecherin Ellen Bornschein am Mittwoch. Statt wie zunächst geplant bis zum Freitag wollen sie nun bis zum 29. Mai ihre Arbeit niederlegen.

Die Ausstände fanden auch in sächsischen Kindertagesstätten ihre Fortsetzung. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di sind diesmal Kita-Mitarbeiter in Leipzig, Chemnitz, Zwickau, Plauen und Freiberg zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. »Die Leute sind motiviert und die Streikbereitschaft ist hoch«, sagte ver.di-Sprecher Philipp Motzke. Hunderte Beschäftigte wollen sich am Mittag erneut in Leipzig zu einer gemeinsamen Kundgebung der Gewerkschaften versammeln, dieses Mal vor dem Rathaus.

Im Bundesland Thüringen legen weiterhin die Erzieher in Erfurt, Gotha, Weimar und Jena sowie in drei Landkreisen die Arbeit nieder, wie GEW-Sprecher Michael Kummer mitteilte. Schwerpunkt der Proteste ist diesmal die Wartburgstadt Eisenach, wo sich die Erzieher am Vormittag zu einer Streikversammlung treffen wollen. Laut GEW werden etwa 200 Beschäftigte erwartet, die sich am Morgen mit Bussen auf den Weg nach Eisenach gemacht haben.

Unterdessen plant ver.di weitere Streikaktionen nach Pfingsten. Diese würden sofort ausgesetzt, wenn die kommunalen Arbeitgeber ein akzeptables Angebot vorlegen würden. »Es ist Zeit, wieder miteinander zu reden. Die Gewerkschaft sollte an den Verhandlungstisch zurückkehren«, erklärte der Geschäftsführer Kommunaler Arbeitgeber Brandenburg (KAV), Klaus Klapproth.

Ver.di fordert eine Aufwertung der Sozial- und Erzieherberufe. Dies sollte durch eine höhere Eingruppierung in den Tarifvertrag öffentlicher Dienst erfolgen. Dies würde im Durchschnitt zu einer Gehaltserhöhung von zehn Prozent führen. Das ist aus Sicht der Kommunalen Arbeitgeber nicht bezahlbar.

In der vergangenen Woche hatten etwa 2000 Beschäftigte von 450 kommunalen Einrichtungen in Brandenburg die Arbeit niedergelegt. In Berlin werden weiterhin sieben Kitas und fünf Horte des Studentenwerks bestreikt.

Neue Tarifrunde bei der Deutschen Post begonnen

Bei der Deutschen Post wurde bis zum heutigen Mittwochvormittag der Warnstreik fortgesetzt. Derzeit haben Gewerkschaft und Arbeitgeber einen weiteren Versuch zur Lösung des festgefahrenen Tarifkonflikts gestartet. Nach vier erfolglosen Runden traten ver.di und Management am Mittwoch in Königswinter bei Bonn zu weiteren Gesprächen zusammen. Für die rund 140.000 Beschäftigten fordert die Gewerkschaft kürzere Arbeitszeiten sowie 5,5 Prozent mehr Geld. Eine Lösung des Tarifkonflikts gilt angesichts der zugespitzten Lage als extrem schwierig. Für die Verhandlungen wurden zwei Tage angesetzt.
Verschärft hatte sich Tarifstreit in den vergangenen Tagen nicht allein durch Warnstreiks. Ver.di warf der Post vor, Beschäftigte eingeschüchtert und Beamte als Streikbrecher eingesetzt zu haben. Am Dienstag hatte die Gewerkschaft beim Arbeitsgericht Bonn eine einstweilige Verfügung beantragt, um gegen den unzulässigen Einsatz von Beamten während der Streiks vorzugehen. Darüber soll am Dienstag kommender Woche verhandelt werden. Das Unternehmen wies die Anschuldigungen zurück und forderte den Tarifpartner auf, den Konflikt am Verhandlungstisch zu lösen.

Streik der Geldtransporteure in Brandenburg fortgesetzt

Im Tarifkonflikt beim Werttransport-Unternehmen Prosegur in Potsdam ist der Streik am Montag wie geplant fortgesetzt worden. Allerdings setzt die Gewerkschaft ver.di auf eine Schlichtung. Am Montag sei der Arbeitgeberseite ein entsprechender Vorschlag zum Prozedere von ver.di-Verhandlungsführer André Pollmann übermittelt worden, hieß es. Bereits am Freitag hatte sich eine Streikversammlung mit knapp 150 Beschäftigten für ein Schlichtungsverfahren ausgesprochen.

Prosegur zeigte sich aufgeschlossen. »Wir sind gesprächsbereit«, teilte ein Unternehmenssprecher am Montag mit. Prosegur werde eine Schlichtung als Alternative ernsthaft prüfen, hieß es weiter.

Anfang vergangener Woche war ein drittes Spitzengespräch mit den Arbeitgebern ergebnislos verlaufen. Die Gewerkschaft ver.di verlangt statt der angebotenen 0,65 Euro einen Zuschlag von einem Euro pro Stunde. Die Auswirkungen des Streiks fallen laut Gewerkschaft unterschiedlich aus: An einigen Geldautomaten gebe es in Berlin und Brandenburg kein Geld mehr. Über einen Notbetrieb würde Geldautomaten aber weiter beliefert.

Streiks im bayerischen Einzelhandel

Ebenfalls am Montag ist der Streik im bayerischen Handel fortgesetzt worden. Es wurden die Beschäftigten der Kaufland-Betriebe in München Ollenhauerstr., Bad Tölz, Moosbrug, Erding, Regensburg, Weiden sowie des H&M Zentrallagers in Großostheim aufgerufen. Bereits in den letzten beiden Wochen war es zum Streikauftakt im bayerischen Einzelhandel gekommen. Laut ver.di werde es in den kommenden Tagen zu weiteren Arbeitskampfmaßnahmen kommen.

Warnstreik im rheinland-pfälzischen Einzelhandel

Die Gewerkschaft ver.di hat in Rheinland-Pfalz Warnstreiks im Einzelhandel beschlossen. In verschiedenen Städten seien Aktionen geplant, sagte ver.di-Gewerkschaftssekretär Stefan Prinz am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Auch Streiks seien vorgesehen. Die Arbeitskämpfe liefen zunächst unbefristet. Gewerkschaft und Arbeitgeber hatten ihre Tarifgespräche nach der zweiten Runde erneut vertagt und wollen am 23. Juni weiterverhandeln. Der Einzelhandelsverband zeigte sich dennoch zuversichtlich.

Die Gewerkschaft fordert für die rund 100 000 Beschäftigten eine Gehalts- und Lohnerhöhung von einem Euro pro Stunde, Auszubildende sollen 70 Euro im Monat mehr erhalten. Die Unternehmer boten in der ersten Runde im April eine Gehalts- und Lohnerhöhung um 1,5 Prozent ab 1. Juni bei 21 Monaten Laufzeit des Tarifvertrags an. Das Angebot umfasst auch eine Einmalzahlung von 215 Euro, die in zwei Raten 2016 ausgezahlt werden soll - und danach weiter als feste Größe in bestimmten Bereichen. Nach Angaben der Unternehmerseite entspricht die ver.di-Forderung umgerechnet zwischen vier Prozent in oberen und bis über zehn Prozent in unteren Lohngruppen.

Das Angebot der Unterneher komme der Forderung von ver.di in keinster Weise entgegen, sagte Gewerkschaftssekretär Prinz. Der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Mittelrhein-Rheinhessen-Pfalz, Thomas Scherer, sagte, die Arbeitskämpfe seien für ihn keine große Überraschung. »Wir sind immer noch zuversichtlich, dass wir eine Einigung finden.«

Urabstimmung zum Charité-Streik

Einen unbefristeten Streik könnte es bald in der Berliner Charité geben. Mit dem Verschicken der Abstimmungs- und Infobriefe hat am Mittwoch an der Berliner Charité die Urabstimmung über einen unbefristeten Streik begonnen. Die Gewerkschaft ver.di hat ihre Mitglieder dazu aufgerufen, bis zum 5. Juni ihre Stimmen dazu abzugeben. Die drei Wahllokale an den einzelnen Charité-Standorten seien ab kommenden Dienstag geöffnet, teilte Gewerkschaftssekretär Kalle Kunkel mit.

Damit gestreikt werden kann, müssten sich mindestens 75 Prozent der Mitglieder für den Arbeitskampf aussprechen. Angaben darüber, wie viele Mitglieder die Gewerkschaft unter den rund 13.000 Beschäftigten der größten deutschen Universitätsklinik hat, macht ver.di nicht. In dem Konflikt geht es vor allem um Forderungen der Charité-Pflegekräfte nach mehr Personal und besseren betrieblichen Normen. Agenturen/nd

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