Der Titicacasee wird zum Friedhof

Umweltschützer beklagen ein Massensterben der Tiere

  • Regine Reibling, Quito
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Titicacasee auf der Hochebene zwischen Peru und Bolivien ist so verdreckt, dass ein Massensterben der Tiere begonnen hat. Auch der Klimawandel trägt dazu bei. Jetzt reagieren die Regierungen.

Der Legende nach ist er Ursprungsort der Inkakultur. Der größte Süßwassersee Südamerikas auf 3800 Meter Höhe ist Lebensgrundlage für zwei Millionen Menschen in Peru und Bolivien. Doch die ist in Gefahr. Der See ist verschmutzt. So verschmutzt, dass der World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschland vor einem Kollaps warnt. »Wenn wir nicht gegensteuern, droht dem See der biologische Tod«, so Dirk Embert, Südamerikareferent des WWF Deutschland.

Abwässer aus nahe gelegenen Großstädten sowie von Industrie und aus Bergwerken flössen fast ungefiltert in den See, der zu 56 Prozent in Peru und zu 44 Prozent in Bolivien liegt. In den vergangenen Monaten hat sich die Lage verschärft. Hunderte tote Tiere seien in der vergangenen Woche geborgen worden. »Die Lage ist dramatisch. Der See ist seit Jahren belastet, aber das aktuelle Massensterben hat eine ganz neue Qualität«, so Embert. Als besonders bedroht gilt der Titicaca-Riesenfrosch, der zu den größten Froscharten der Welt zählt.

Das peruanische Magazin »Domingo« hatte bereits Anfang März getitelt: »Der Titicacasee verwandelt sich in einen Friedhof«. Es berichtete von schwimmenden Kadavern, Verwesungsgeruch und Krankheiten durch die Wasserverschmutzung. Forscher hatten bei Proben im Frühjahr 2014 Giftstoffe wie Blei, Arsen, Quecksilber und Phosphor festgestellt, wie die peruanische Tageszeitung »La República« berichtete.

Als besonders verschmutzt gilt die Bucht Cohana in Bolivien. Dort sammeln sich Abwässer der 800 000-Einwohner-Stadt El Alto. Das Abwassersystem sei nur für 300 000 Menschen ausgelegt und seit Jahren völlig überlastet, so bolivianische Medien. Auf peruanischer Seite ist vor allem die Bucht um die Stadt Puno betroffen.

Hinzu kommen die Folgen des Klimawandels. Die Wassertemperatur sei gestiegen, der Wasserstand gesunken, die Fischbestände zurückgegangen, warnte der Global Nature Fund (GNF) bereits vor drei Jahren und erklärte den Titicaca zum »bedrohten See 2012«. Das Problem ist also bekannt. Die Behörden hätten jedoch jahrzehntelang auf die Selbstreinigungskraft des Sees vertraut, der mit knapp 8300 Quadratkilometern etwa 13-mal so groß ist wie der Bodensee.

Erst jetzt scheinen die Regierungen beider Länder den Ernst der Lage erkannt zu haben und reagieren. So kündigte Perus Präsident Ollanta Humala im Februar an, rund 450 Millionen Dollar in sechs neue Kläranlagen zu investieren. In Bolivien wollen Ministerien und lokale Behörden zusammenarbeiten, um den See zu retten, so die Zeitung »El Deber«. Wie genau, ist noch unklar. Auch bei der bilateralen Regierungssitzung der Kabinette von Humala und Evo Morales am 23. Juni soll das Thema zur Sprache kommen. Die Staatschefs werden sich am Ufer des Titicacasees treffen. Schnelle Hilfe ist aber nicht zu erwarten. Die versprochenen Kläranlagen sollen erst 2017 in Betrieb gehen.

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