»Da würde ich nicht einmal meinen Hund schlafen lassen«

Amnesty und Gewerkschaft IG BAU prangern sklavenähnliche Zustände auf WM-Baustellen in Katar an

  • Lesedauer: 3 Min.

Frankfurt/Main. In ihrem Kampf gegen die »menschenunwürdigen und sklavenähnlichen« Verhältnisse auf den Baustellen des WM-Gastgeberlandes Katar haben sich die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die Gewerkschaft IB Bau zum ersten Mal zusammengetan. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Frankfurt am Main forderten sie am Donnerstag eine radikale Erneuerung des Fußball- Weltverbandes FIFA und den Rücktritt von Präsident Joseph Blatter.

»Ich war im letzten Jahr in Katar und haben da folgendes erlebt«, sagte der stellvertretende IG-Bau-Chef Dietmar Schäfers und fuhr fort: »Die Menschen arbeiten vielfach 12, 14 Stunden am Tag. Sie arbeiten bei großer Hitze und bekommen kaum Wasser. Der Arbeitsschutz ist unterentwickelt. Und dort, wo sie übernachten, würde ich nicht einmal meinen Hund schlafen lassen.« Die Verhältnisse seien sklavenähnlich. »Ich habe solche Verhältnisse selten gesehen auf der Welt.«

Seine Schlussfolgerung ist: »Die FIFA hat sich darum bislang einen Dreck gekümmert. Und ich habe nicht das Zutrauen, dass sich unter Herrn Blatter noch etwas ändern kann.« Der Fußball-Weltverband müsse sich »grundsätzlich erneuern. Da gehört ein neuer Kopf, eine neue Führung hin. Das schafft man nicht mit Herrn Blatter und seinen offensichtlich hochkriminellen Funktionären.«

Beide Organisationen sehen sich durch die Festnahmen mehrerer Spitzenfunktionäre im Vorfeld des FIFA-Kongresse in Zürich bestätigt. »Dieser Eindruck drängt sich nicht zuletzt durch die Ereignisse vom Mittwoch auf: Einigen Funktionären geht es mehr um das eigene Geld als um den Sport«, meinte Schäfers. Nach Meinung von ihm und auch der Amnesty-Expertin für die Golfregion, Regina Spöttl, könne an den Verhältnissen in Katar und bei der FIFA selbst nur etwas durch internationalen Druck geändert werden. »Aber der Druck der weltweiten Regierungen ist noch viel zu gering«, sagte Schäfers.

Amnesty International spricht in seinem neuesten Report von aktuell rund 1,5 Millionen Gastarbeitern in Katar. »Im Schnitt gibt es unter ihnen pro Tag einen Toten, der an Herzversagen oder Erschöpfung stirbt«, sagte Spöttl. Das Argument der FIFA, wonach auf den Baustellen der WM-Stadien für 2022 nach »internationalen Richtlinien und Standards« gearbeitet werde, wiesen die Experten zurück.

»Herr Blatter ist Weltmeister im Werfen von Nebelkerzen«, sagte Schäfers. »Die meisten Neubauten der Stadien haben noch gar nicht begonnen. Außerdem kann es ja nicht sein, dass die FIFA sich nur für den Bau der Arenen zuständig fühlt und nicht für die Wege dorthin. Die Menschen fliegen in Katar nicht auf dem Teppich ins Stadion. Sie fahren über Straßen oder nutzen öffentliche Verkehrsmittel.« Die Verhältnisse, von denen der Gewerkschafts-Funktionär sprach, betrafen genau die Baustellen für solche Infrastrukturmaßnahmen.

Konkret fordern Amnesty und die IG BAU, dass der Fußball seine Vergabebedingungen für eine Weltmeisterschaft ändert. »Es ist von der FIFA nicht zu viel verlangt, zu sagen: Wenn ihr eine WM vergebt, könnt ihr nicht nur Bedingungen für das Business stellen, sondern auch für Arbeitsbedingungen und Menschenrechte«, sagte Schäfers. »Fairplay«, so Spöttl, »ist nicht nur auf dem Spielfeld wichtig.« dpa/nd

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