Orange zieht sich aus Israel zurück
Telefonkonzern: Keine Kontrolle mehr über Betreiber
Paris. Pläne des französischen Telekommunikationsunternehmens Orange für einen Rückzug aus Israel haben heftige Reaktionen in Jerusalem ausgelöst. Das Unternehmen verteidigte den Schritt mit dem Argument, es wolle nicht mehr als Marke in Ländern präsent sein, wo es nicht auch selbst als Betreiber agiert. Orange wolle sich in keiner Form an politischen Debatten beteiligen, teilte der Konzern am Donnerstag mit.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte die französische Regierung nach der Mitteilung dazu auf, sich von »unglücklichen Äußerungen und Aktionen« von Orange zu distanzieren. Netanjahu beschrieb die Lage als »unverzeihliches absurdes Theater«. Die französische Regierung hält rund ein Viertel der Orange-Anteile. »Ich rufe unsere besten Freunde dazu auf, mit lauter, klarer Stimme zu sagen, dass sie bedingungslos gegen jede Form des Boykotts gegen den jüdischen Staat sind«, sagte Netanjahu.
Orange-Chef Stéphane Richard bestritt im Gespräch mit der israelischen Nachrichtenseite »ynet« vom Freitag vehement, dass es sich bei dem Schritt um einen Boykott Israels handele. »Wir sind Israels Freunde, wir lieben Israel«, sagte Richard.
Die Marke Orange ist über einen Lizenzvertrag mit Partner Communications seit Jahren in Israel präsent. Erst im April war ein ergänzter Vertrag bis 2025 bekanntgegeben worden. Menschenrechtsorganisationen hatten im Mai jedoch den Rückzug von Orange wegen Aktivitäten des Lizenzpartners in den von Israel besetzten Palästinensergebieten gefordert.
Eine entsprechende Rückzugs-ankündigung Richards in Kairo löste nun die jüngsten Reaktionen aus. Kulturministerin Miri Regev forderte vom französischen Präsidenten François Hollande »Null Toleranz gegenüber Antisemitismus« und die Entlassung Richards. Auch das Simon-Wiesenthal-Zentrum verurteilte die Äußerungen und verlangte eine »Entschuldigung an das jüdische Volk«. In der Nähe von Tel Aviv demonstrierten Angestellte von Partner Communications gegen die Äußerungen Richards.
»Es ist nicht die Konzernpolitik, dass ein Betreiber, über den wir keinerlei Kontrolle haben, unsere Marke benutzt«, verteidigte sich Orange-Chef Richard in der Zeitung »Le Monde«. »All das hat nichts mit dem politischen Kontext zu tun.« dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.