Monarchen mit A oder Brusthaar

God Save the Queen

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.

Is this the real life, is this just fantasy ... «, fragten Queen in ihrer Liebeserklärung an die Oper, »Bohemian Rhapsody« 1975. Da saß die englische Königin Elisabeth II. schon wirkliche 22 Jahre gekrönt auf ihrem Thron und hatte so gar nichts Märchenhaftes, geschweige denn Operettenhaftes an sich. Zu sagen hatte sie in ihrem England längst nichts mehr: Einmal im Jahr hatte sie ihren Auftritt vor dem Unterhaus, aber dort wird sie bis heute zur schnöden Vorleserin von Texten degradiert, die ihr von den jeweiligen Premierministern bis auf die letzte Silbe ins Pergament diktiert werden - majestätisch sind weder deren Erscheinung noch ihre Reden. Man erinnere sich nur an John Major (eine andere Assoziation als »blassgrau« mag sich nicht einstellen), der im Amt war, als es mit Queen vorbei war: Im trüben November 1991 starb Freddie Mercury und mit ihm eine musikalische Monarchie aus Genie, Grandezza und Brustbehaarung. Auch für Elisabeth folgte darauf ein »annus horribilis«: Windsor Castle fast abgefackelt, Sohn und Tochter trennen sich, sie selbst im Dresdner Tal der Ahnungslosen mit Eiern beworfen - dort hört die wiedervereinigte großdeutsche Jugend statt königlichem Falsett und Queen lieber niedere Chargen wie Onkelz (angeblich böhse) oder Landser (tatsächlich verboten).

»Live is very long, when you’re lonely« - das Leben ist sehr lang, wenn man allein ist, nicht nur in Dresden. Das Ende einer einige Jahre zuvor erschienenen Todesanzeige, verfasst und 1986 vorgetragen von Steven Patrick Morrissey, dem Sänger der Smiths. Anders als auf dem Cover von »The Queen is Dead« und im Song suggeriert, ist Elisabeth nicht mehr quick- aber noch recht lebendig - nur das Land geht vor die Hunde. Morrissey tut es wirklich leid: Aber der Anblick »des Hauptes ihrer Niedrigkeit in einer Schlinge« wäre dann doch zu schön. Natürlich träfe es in Elisabeth die Falsche, die doch nur die Worte vom sozialen Elend als Chance der wahrhaft mächtigen Margaret Thatcher kündet. Und so will Morrissey fünf Jahre später solo etwas mehr französisches Flair ins düstere Albion und die Richtige zur Strecke bringen: »Margaret on the Guillotine«. Ob es am erlahmenden Interesse Morrisseys oder an der Beschwörung göttlichen Beistandes durch die Sex Pistols 1977 lag: Thatcher ist tot und die Queen lebt, zwar nicht mehr auf Kongressen und Bällen tanzend, aber immerhin noch von bunten Blättern und an Berliner Protokollstrecken und neuestens auf Kreditkarten mit dem »God Save the Queen«-Cover der Sex Pistols frenetisch und angemessen gefeiert.

Wer nicht früh genug abtritt, den frisst der Rock ’n’ Roll-Schwindel, das gilt auch für die Queen, die sich am Ende ganz profan mit einer streikenden Dienerschaft wiederfindet. Den wahrhaft königinnenhaften Abgang beherrschen eben nicht viele so wie die an der Spitze jedes CD-Regals stehenden schwedischen Musikaristokraten mit A: einmal die Königin tanzen lassen und dann abtreten. Nicht wiederkommen. Vor allem nicht als Plastegeld.

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