Panoramafreiheit?
Europaparlament: Private Fotos vor öffentlichen Gebäuden dürfen weiterhin in sozialen Netzwerken verwendet werden
Das Europaparlament hat am Donnerstag einen - dem ersten Anschein nach - weisen Beschluss gefasst. Private Fotos vor öffentlichen Gebäuden dürfen auch weiterhin in sozialen Netzwerken wie Facebook verwendet werden, ohne damit gegen das Urheberrecht zu verstoßen. Eine Forderung des Rechtsausschusses des Parlaments nach einer EU-weiten Einschränkung der sogenannten Panoramafreiheit fand bei den Abgeordneten keine Mehrheit. Allerdings ist das Votum des Europaparlaments für die EU-Kommission nicht bindend. Der für das Internet zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger begrüßte aber die Entscheidung des Parlaments.
Ist dies wirklich der Sieg der Freiheit über die Diktatur des Urheberrechts, wie viele im ersten Überschwang verkündet haben? Der zweite Eindruck, den diese Entscheidung hinterlässt, stimmt weniger optimistisch, auch wenn die Abgeordneten eine Art Volkswillen vollzogen haben. Nachdem vor Wochenfrist die Entscheidung des Rechtsausschusses durch eine Politikerin der Piraten-Partei durchgesteckt wurde, hatte sich im Internet eine breite Volksfront aus Berufsfotografen, Journalisten und Bürgern formiert. Tenor: Wer die Panoramafreiheit einschränkt, verbietet den Bürgern das Knipsen sogenannter Selfies.
Laut Wikipedia handelt es sich bei Selfies um »eine Art Selbstporträts, oft auf Armeslänge aus der eigenen Hand aufgenommen«. In der Regel seien sie »in sozialen Netzwerken wie Facebook« anzutreffen. Selfies aber sind, so steht es leider nicht im Internetlexikon, visueller Terror, ein Anschlag auf die Sehnerven des Betrachters. Die Kulturindustrie hat viele gute Produkte hervorgebracht - die Fernbedienung beim Fernseher zum Beispiel -, die Freiheit, sich selbst in jeder dämlichen Haltung fotografieren zu können, zählt nicht dazu. jam
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