10 Millionen Dollar für 2,18 Meter mit Potenzial
Basketballer Tibor Pleiß darf für die Utah Jazz endlich in der NBA spielen
Nun hat er endlich seinen Vertrag. Tibor Pleiß verfolgte das Ziel NBA seit Jahren, ab Oktober darf er nun in den USA mitspielen. Der Nationalspieler macht aus dem Trio Dirk Nowitzki, Dennis Schröder und Chris Kaman ein deutsches Quartett in der besten Basketballliga der Welt. Ob der 25-Jährige wirklich dorthin gehört, bleibt fraglich, auch wenn die Verantwortlichen der Utah Jazz aus Salt Lake City offenbar davon überzeugt sind.
Sie zahlen ihm laut US-Medien zehn Millionen Dollar (neun Millionen Euro) über die kommenden drei Jahre hinweg. So manch ein Fußballweltmeister verdient nicht so viel Geld, doch im Profisport wird ja bekanntlich nicht leistungsbezogen entlohnt. Die NBA-Klubs verdienen viel mehr Geld durch Sponsoren, TV-Einnahmen und Ticketverkäufe als die der Fußball-Bundesliga. Also bezahlt man schnell mal jährlich drei Millionen für einen deutschen Center, der außer nationalen Titeln in der Heimat noch nicht viel gewonnen hat. Ja, drei Meisterschaften in Serie mit Bamberg waren eindrucksvoll, aber Pleiß war nie der Star des Teams.
Dem 2,18 Meter großen gebürtigen Rheinländer kommt ein Umstand besonders zugute: Fast alle 30 NBA-Teams suchen derzeit nach großen Center-Spielern. So hatten Nowitzkis Dallas Mavericks jüngst dem besonders umworbenen DeAndre Jordan 20 Millionen Dollar für jedes der kommenden vier Jahre geboten. Der sagte erst zu, dann aber wieder ab, als ihm sein altes Team aus Los Angeles fünf Jahre lang je 22 Millionen offerierte.
Pleiß wird in der NBA zumindest vorerst nicht viel auf dem Parkett stehen. So viel scheint sicher. »Schon als junger Spieler habe ich davon geträumt, in dieser renommierten Liga zu spielen. Jetzt heißt es: im Team Fuß fassen und sich so schnell wie möglich einleben«, sagte Pleiß in einer ersten Reaktion. Der Franzose Rudy Gobert ist der erste Center in Utah. Pleiß soll übernehmen, wenn Gobert mal Luft holen muss. Diese Rolle kennt Pleiß vom FC Barcelona, wo er sich hinter dem Kroaten Ante Tomic einreihen musste. Pleiß war beim spanischen Spitzenklub sogar oft nur dritte Wahl. Beim Euroleague-Gastspiel in Berlin ließ ihn Trainer Xavi Pascual nur acht Minuten lang spielen, in denen Pleiß nicht ein Korb gelang. In den letzten fünf Minuten der Niederlage stellte Pascual lieber gar keinen Center auf, als Pleiß eine Bewährungschance zu geben.
Bei jedem Fehlwurf hatten die Fans von Alba Berlin Pleiß zuvor mit »NBA-NBA!«-Rufen verhöhnt. Wer nicht mal gegen Alba trifft, könne es auch nicht in den USA schaffen. Dazu passte, dass sich die Oklahoma City Thunder zwar 2010 die Rechte an Pleiß gesichert hatten, dann aber vier Jahre auf ein Engagement verzichteten. Groß sei er ja, aber doch zu langsam und körperlich schwach, um sich gegen die Kolosse in der NBA durchzusetzen. Erst ein mehrere Spieler umfassender Wechsel zwischen Oklahoma und Utah brachte wieder Schwung in die Personalie Pleiß.
»Es ist der richtige Zeitpunkt in seiner Entwicklung. Ich freue mich, dass er jetzt geht«, kommentiert Bundestrainer Chris Fleming den Wechsel. Er kennt Pleiß gut, war er doch sein Coach in Bamberg. »Er wird eine Umstellungszeit brauchen«, zweifelt aber auch Fleming an einem schnellen Karrieresprung für den ehemaligen Schützling. »Aber ich bin sehr, sehr sicher, dass er das gut meistern wird.«
Selbst ein NBA-Team wirft nicht so einfach mal zehn Millionen aus dem Fenster. »Tibor hat ein unglaubliches Potenzial. Center entwickeln sich normalerweise später als Spielmacher. Diese Zeit werden wir Tibor geben. Ich bin überzeugt, dass er sich ähnlich gut entwickeln kann wie Rudy Gobert. Sie werden sicher davon profitieren, wenn sie jeden Tag im Training gegeneinander spielen«, prophezeit Alex Jensen, Co-Trainer der Jazz und in Utah für die Center zuständig, gegenüber »spox.com«.
Kehren Nowitzki, Schröder und Co. eigentlich erst nach der EM im September zu ihren Klubs zurück, kann Jensen jedoch schon früher an Pleiß feilen, da er auch Flemings Co-Trainer bei der deutschen Nationalmannschaft ist. »Das wird es Tibor einfacher machen, wenn er im Herbst den Sprung in die NBA macht. Nach der EM bleibt nicht viel Zeit, bis die Saison anfängt, aber so starten wir schon mal vorher zusammen durch« sagt Jensen. Ob Pleiß am Ende bestehen kann, darüber ist sich auch Jensen noch nicht ganz klar: »Ich habe Tibor als extrem netten jungen Mann kennengelernt. Vielleicht ist er manchmal sogar zu nett, das war so die Frage, die ich im Kopf hatte. Ich bin neugierig zu sehen, wie Tibor so drauf ist, wenn er mal wütend wird.«
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