Gefängnisstrafe für bestechliche Ärzte
Bundesregierung will mit schärferen Gesetzen gegen Korruption im Gesundheitswesen vorgehen
Berlin. Der geplante neue Paragraf 299a des Strafgesetzbuches sieht eine Bestrafung für alle »Angehörigen eines Heilberufs« vor, neben Ärzten sind das Therapeuten, Apotheker oder Pflegekräfte. Außer einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren kommt auch eine Geldstrafe infrage.
Bislang machen sich nur angestellte Ärzte strafbar, wenn sie Geld oder Geschenke einer Firma annehmen, und dann etwa das Medikament einer bestimmten Firma verschreiben. Für niedergelassene Mediziner sind Strafrechtsbestimmungen gegen Korruption nicht anwendbar, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) als standesrechtliche Vertreterin der niedergelassenen Ärzte befürwortet den Vorstoß der Bundesregierung, kritisiert aber Details. »Aber am besten wäre es, das Gesetz benennt klare Regeln und Beispiele, wann Korruption vorliegt«, erklärte KBV-Chef Andreas Gassen. Es werde Verunsicherungen bei der Frage geben, wann Korruption beginne. Die Linken im Bundestag finden den Entwurf unzureichend. Sie wollen auch Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung bestrafen. Außerdem findet es Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler »nicht nachvollziehbar, dass nur Ärzteorganisationen, Berufsverbände und Krankenkassen Strafanträge stellen dürfen. Auch Patienten, und nicht zuletzt Arzthelferinnen und -helfer, denen Korruption auffällt, müssen Anzeige erstatten dürfen«, fordert sie. Maas verteidigte seinen Entwurf. »Wir werden nichts unter Strafe stellen, was heute als berufliche Kooperation erlaubt ist.« Nur wenn eine Kooperationsvereinbarung zum Schein abgeschlossen werde, um das berufsrechtliche Verbot von Zuweisungen oder Verordnungen gegen Entgelt zu umgehen »und Bestechungszahlungen zu verschleiern«, werde Strafrecht greifen.
Nach Angaben des Justizministeriums soll die Annahme von Vorteilen unter Strafe stehen, wenn sie als Gegenleistung für eine Bevorzugung im Wettbewerb oder für den Verstoß gegen eine berufsrechtliche Pflicht erfolgen. Beispiel seien die so genannten Kick-Back-Zahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte als Gegenleistung für die Verordnung von Medikamenten dieses Unternehmens oder »Kopfgelder« für die Zuweisung von Patienten an ein bestimmtes Krankenhaus.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte den Gesetzentwurf. Eine Schwäche bestehe aber darin, dass Polizei und Staatsanwaltschaft in aller Regel nur auf Antrag ermitteln, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Nach Angaben der Stiftung gehen den gesetzlichen Krankenkassen durch Korruption jährlich bis zu 18 Milliarden Euro verloren. AFP/nd Kommentar Seite 4
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