Fluglotsen in Griechenland legen die Arbeit nieder

EZB belässt Notkredite für Griechenland weiter unverändert /Protest gegen von Gläubigern geforderte Kürzungspolitik / EU berät mit Athen über Privatisierungen / Juncker erwartet Einigung für drittes Kreditpaket / Juso-Chefin Uekermann kritisiert Gabriel

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 15.15 Uhr: Griechenland refinanziert Staatspapiere mit kurzer Laufzeit
Athen hat sich kurzfristig frisches Geld am Kapitalmarkt besorgt, um am Freitag auslaufende Staatsanleihen im Wert von einer Milliarde Euro ablösen zu können. Wie die Schuldenagentur PDMA berichtete, konnten am Mittwoch 813 Millionen Euro für 26 Wochen in Form ebenfalls kurzlaufender Staatspapiere aufgenommen werden. In der Finanzpresse wird damit gerechnet, dass das restliche Geld an diesem Donnerstag in die Staatskasse fließt:

Dann dürfte Athen wie üblich im Rahmen eines gesonderten Verfahrens zusätzliche Wertpapiere in Höhe von 187 Millionen Euro versteigern. Die Rendite der Transaktion am Mittwoch lag - wie bei einer vergleichbaren Auktion im Vormonat - bei 2,97 Prozent.

Update 15.00 Uhr EZB belässt Notkredite für Griechenland weiter unverändert
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das Volumen der Notkredite für griechische Banken nicht weiter erhöht. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch von einer mit der Sache vertrauten Person. Demnach beantragte die griechische Notenbank auch keine weitere Erhöhung. Auch in den kommenden zwei Wochen werde der Kreditrahmen nicht erweitert.

Zuletzt war das Kreditlimit für die sogenannten ELA-Hilfen nach Medienberichten am 22. Juli um eine Milliarde Euro auf 90,5 Milliarden Euro erhöht worden. Am 29. Juli erfolgte keine Anhebung.

Mit den Notfallkrediten sorgt die EZB seit geraumer Zeit dafür, dass die griechischen Banken zahlungsfähig bleiben. Bis Ende Juni hatte die EZB die Nothilfe für die Institute immer wieder erhöht, um einen Engpass zu vermeiden. Danach gewährte die Zentralbank keine weiteren Kredite mehr, forderte aber auch keine zurück. Nach der Grundsatzeinigung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone auf ein drittes Kreditpaket für Griechenland stockte die EZB den Kreditrahmen Mitte Juli dann erstmals wieder um 900 Millionen Euro auf.

Update 9.30 Uhr: Gläubiger beraten weiter mit Athen
Die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und den Gläubigern über zusätzliche Reformen- und Kürzungen gehen am Mittwoch in Athen weiter. Im Mittelpunkt stehen dabei die von den Gläubigern geforderten Privatisierungen von Staatsunternehmen. Zudem soll es am Mittwoch ein Resümee der bislang erörterten Themen geben, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums.

Die Gespräche drehen sich nach übereinstimmenden Informationen der griechischen Presse vor allem darum, wie der Privatisierungsfonds Taiped umstrukturiert werden soll, damit in den kommenden 30 Jahren die anvisierten 50 Milliarden Euro durch den Verkauf griechischen Staatsvermögens erzielt werden können. Ein wesentlicher Teil der Verkaufserlöse soll in die Schuldenrückzahlungen geplant.

Die Gläubiger fordern von Athen außerdem, Steuererleichterungen für Bauern abzuschaffen, ein höheres Renteneintrittsalter einzuführen, Streiks durch neue Gesetze einzuschränken und den Arbeitsmarkt zu liberalisieren. Eine Einigung auf die meisten dieser Themen ist Voraussetzung für ein drittes Kreditpaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro.

Update 9.20 Uhr: Fluglotsen treten in den Streik
Reisende nach Griechenland müssen am Mittwoch mit Problemen im Flugverkehr rechnen. Aus Protest gegen die Kürzungspolitik der Regierung in Athen wollen die griechischen Fluglotsen die Arbeit für vier Stunden niederlegen. Zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr Ortszeit (13.00 Uhr bis 17.00 Uhr MESZ) werde es keine Flüge von und nach Griechenland geben. Wie ein Sprecher der Fluglotsen im griechischen Rundfunk weiter erklärte, gelte das für alle Flughäfen des Landes und für alle Flüge die von diesen starten oder dort landen sollen. Auch der landesweit wichtigste Flughafen in der Hauptstadt Athen teilte auf seiner Internetseite mit, sämtliche Flüge seien für diesen Zeitraum annulliert worden.

Laut den griechischen Fluggesellschaften fallen zahlreiche Inlandsflüge aus und können auch nicht nachgeholt werden. Die meisten internationalen Verbindungen sollen dagegen zeitlich versetzt außerhalb der Zeiten der Arbeitsniederlegung bedient werden.

Update 9.10 Uhr: Juso-Chefin Uekermann kritisiert Gabriel
Juso-Chefin Johanna Uekermann übte im Interview mit der »Welt« heftige Kritik an der Griechenland-Politik des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Gedankenspiele zu einem Grexit hätten »in der SPD keine Mehrheit«, sagte die Juso-Chefin. »Wir haben verschiedene Optionen diskutiert, aber es wurde schnell deutlich, dass keiner in der SPD-Spitze Sigmar Gabriel hier folgt.« Ihr Parteichef hätte Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) »klarmachen müssen, dass ein Grexit keine Option ist«. Stattdessen habe Gabriel »rumgeeiert«.

Uekermann forderte den Vizekanzler auf, er solle »jetzt ein Zeichen setzen und seinen Urlaub in Griechenland verbringen«. »Ich mache das«, fügte sie hinzu. Gabriel könne in Gesprächen mit Arbeitnehmern, Studierenden und Rentnern in Griechenland »sicher viel lernen. Das täte ihm gut für seine Meinungsbildung in Berlin.«

Update 8.45 Uhr: Juncker erwartet Einigung mit Athen bis zum 20. August
In den Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Kreditpaket erwartet EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Einigung bis zum 20. August. »Alle Berichte, die ich erhalte, deuten auf eine Einigung diesen Monat hin, vorzugsweise vor dem 20.«, wenn Athen 3,4 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen muss, sagte Juncker in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch. Vertreter der internationalen Geldgeber verhandeln seit vergangener Woche mit der Regierung in Athen über die Bedingungen für weitere Kredite.

Die Gespräche in Athen verliefen »befriedigend«, sagte Juncker. Sollte keine Einigung bis zum 20. August gelingen, »werden wir eine neue Brückenfinanzierungsrunde arrangieren müssen«. Bereits im Juli hatte Juncker sieben Milliarden Euro bereitgestellt, damit Griechenland fällige Kredite bei der EZB und auch ausstehende Kredite beim Internationalen Währungsfonds (IWF) begleichen konnte. Bei dem neuen Kreditpaket geht es um 86 Milliarden Euro von EZB, IWF, EU-Kommission und dem Europäischen Stabilitätsfonds (ESM). Agenturen/nd

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