»Wladiwostok« und »Sewastopol« bleiben französisch
Paris und Moskau lösten Rüstungsgeschäft über zwei Kriegsschiffe auf - nun hat Präsident Hollande ein Problem
Frankreichs Präsident François Hollande und sein russischer Kollege Wladimir Putin hätten sich bei einem Telefonat geeinigt, den Vertrag von 2011 aufzulösen, twitterte der Elysee-Palast am Mittwochabend. In einer längeren Erklärung heißt es, die beiden Präsidenten hätten »das Klima der freundschaftlichen und offenen Partnerschaft« gelobt, in dem die Übereinkunft erzielt worden sei.
Moskau war da etwas kürzer angebunden. Man halte die Frage nun für vollständig erledigt, hieß es lapidar. Die bereits von Russland bezahlten fast 840 Millionen Euro werden zurückgezahlt, Frankreich kann über die Schiffe frei verfügen. Beide Seiten haben ihr Gesicht gewahrt.
Das Rüstungsgeschäft im Gesamtwert von 1,2 Milliarden Euro war 2011 zwischen den französischen Werften DCNS/STX und dem russischen Rüstungskonzern Rosoboronex geschlossen worden. Damals regierte noch der konservative Nicolas Sarkozy im Elysee-Palast. Wegen der Ukraine-Krise hatte Frankreich sich unter dem Sozialisten Hollande von den USA und anderen EU-Staaten überzeugen lassen, die bereits fertige »Wladiwostok« sowie die im Endbaustadium befindliche »Sewastopol« nicht an den Auftraggeber auszuliefern.
Formal gesehen war Paris nicht an die von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen gebunden, die die Lieferung von Militärmaterial ausschließen. Die Verträge waren lange davor abgeschlossen worden und auf dem ersten Schiff trainierten bereits russische Matrosen.
Die konventionell angetrieben Kriegsschiffe der »Mistral«-Klasse, von denen Frankreich bereits zwei im Bestand seiner Marine hat, eignen sich zum Transport von Truppen. Neben der 160 Mann starken Besatzung können 450 Soldaten mit ihrer schweren Kampfausrüstung an Bord genommen werde. Im den Schiffsrümpfen gibt es Landungsboote, vom Deck können Dutzende Hubschrauber starten. Die maritimen Angriffsplattformen eignen sich als Kommandozentrale für amphibische Operationen in entfernten Gebieten.
Ganz so zufrieden wie beide Seiten jetzt erscheinen wollen, sind sie nicht. Russland hätte die Schiffe für die Modernisierung seiner Marine, die wieder mehr globale Geltung bringen soll, eingeplant. Frankreich muss die Schiffe - die angeblich pro Monat rund eine Million Euro für die Unterhaltung verschlingen - nun rasch irgendwie an eine Marine bringen. Nur an welche? Und zu welchem Preis? Nach welchen Umrüstungen? Denn die elektronischen Ausstattungen, die Russland bestellt oder selbst geliefert hat, werden nicht jedermanns Sache sein. Wenn man nicht China oder Indien durch kräftige Preisnachlässe als Käufer gewinnen kann, wird es schwer. Die beiden Länder würden auch andere russische Sonderwünsche wie veränderte Hangarabmaße akzeptieren. Was sie allerdings mit der Eisverstärkung des Rumpfes und dem beheizbaren Flugdeck anfangen sollen, muss man ihnen wohl noch erklären.
Unwahrscheinlich ist dagegen, dass ein NATO-Land bei dem einen oder dem anderen »Schnäppchen« zugreift. Ein Ship-Sharing innerhalb der EU ist angesichts der fehlenden gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nicht zu erwarten. Den vermutlich einzig vernünftigen Verwendungszweck für die beiden Schiffe wird man nicht anstreben. Beide wären ideal, um - demilitarisiert - an den Rettungsoperationen vor der libyschen Küste teilzunehmen oder bei anderen humanitären Einsätzen zu helfen. Dass die UN sich so eine Flotte leisten kann, ist eine Wunschvorstellung.
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