Schwesig verteidigt Verteilung minderjähriger Flüchtlinge
Deutschen Kinderhilfswerk: Kindeswohl muss an erster Stelle kommen / Bundesregierung will junge Flüchtlinge gleichmäßiger verteilen / Thüringen mahnt zur Übernahme der Kosten für finanzschwache Kommungen und Länder
Berlin. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat Kritik an ihrem Gesetzentwurf zur Verteilung minderjähriger Flüchtlinge zurückgewiesen. Bei der Beratung im Bundestag sagte sie am Freitag, das Gesetz müsse rasch verabschiedet werden, da die Jugendhilfeeinrichtungen einiger Kommunen aufgrund der gestiegenen Flüchtlingszahlen vollkommen überlastet seien. Schwesig betonte, der Schutz der Minderjährigen sei weiterhin gewährleistet.
Die Thüringer Landesregierung hatte bereits in einer Protokollerklärung zur Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstagabend erklärt, die Finanzierungszusagen des Bundes würde den »tatsächlichen Herausforderungen in Ländern und Kommunen nicht vollständig gerecht«. Die Zusagen erfassten auch nicht die Kosten druch das »demnächst zu verabschiedende Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Jugendlicher und Kindern«, heißt es in der Erklärung.
Einige Verbände hatten erklärt, die minderjährigen Flüchtlinge könnten das Vertrauen verlieren, wenn sie gegen ihren Willen weitergeschickt würden. Nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerks müsse dabei das Kindeswohl ohne Einschränkungen an erster Stelle stehen. Eine Umverteilung unbegleiteter Flüchtlingskinder dürfe nur möglich sein, wenn sie dem Kindeswohl diene und mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Kinder geschehe, erklärte die Hilfsorganisation am Freitag in Berlin. Im bisherigen Gesetzentwurf zur bundesweiten Umverteilung der Kinder gebe in dieser Hinsicht noch einiges zu verbessern.
Wichtig sei, dass Flüchtlingskinder unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus ein Anrecht auf vollständige Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe haben, erklärte das Kinderhilfswerk. Positiv seien auch die Beteiligung der unbegleiteten Flüchtlingskinder am Verfahren der vorläufigen Inobhutnahme und die Heraufsetzung der Verfahrensfähigkeit im Asylverfahren auf 18 Jahre. Der Entwurf bleibe allerdings »auf halber Strecke stehen«, es fehle eine konsequente kinderrechtliche Perspektive, sagte Präsident Thomas Krüger vor der Bundestagsdebatte. Der Vorrang des Kindeswohls für Flüchtlingskinder solle gesetzlich verankert werden.
Die Grünen-Abgeordnete Katja Dörner mahnte im Bundestag, es dürfe keine »schnöde Verteilung« nach dem Königsteiner Schlüssel geben. Im Umgang mit den minderjährigen Flüchtlingen sei vielmehr »größere Flexibilität« nötig. Sie begrüßte, dass 16- bis 18-Jährige künftig in Asylverfahren nicht mehr wie Erwachsene behandelt werden sollen. Der LINKEN-Politiker Norbert Müller bemängelte, die zugesagten 350 Millionen Euro reichten »nach den Kinder- und Jugendhilfestandards für insgesamt zwei Monate« und seien damit ein »Tropfen auf den heißen Stein«.
Erwachsene Asylbewerber werden nach dem »Königssteiner Schlüssel« auf die Bundesländer verteilt. Minderjährige Flüchtlinge dürfen dagegen nach bisheriger Rechtslage nicht an einen anderen Ort geschickt werden. Sie werden dort von der Jugendhilfe in Obhut genommen, wo sie mit den Behörden in Kontakt kommen. Kapazitätsprobleme gab es zuletzt vor allem in Bayern und Hamburg. Der Bund stellt für die Betreuung der Minderjährigen künftig 350 Millionen Euro pro Jahr bereit.
Das Gesetzespaket, das maßgeblich im Bundesinnenministerium erarbeitet wurde, soll nun im verkürzten Verfahren durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden, um bereits am 1. November inkraft treten zu können. Tempo machen Bund und Länder jetzt auch beim Gesetz zur besseren Verteilung minderjähriger Flüchtlinge. Auch diese Regelung soll im November in Kraft treten. Agenturen/nd
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