Das Kinderlied, von Kunst ereilt

Eine Hommage an den DDR-Komponisten Wolfgang Richter

  • Marco Tschirpke
  • Lesedauer: 2 Min.

Der folgende Aufsatz widersetzt sich in einem winzigen Punkt den Üblichkeiten des Pressewesens: Er wurde ohne äußeren Anlass verfasst. Seinem Autor war es vielmehr ein inneres Bedürfnis, dem Kinderlied der DDR nachzulauschen.

Können Sie sich das vorstellen? Ein Kinderlied aus fünfzeiligen Strophen mit wechselnden Trochäen und Jamben, das 13 verschiedene Akkordharmonien aneinanderreiht und gar mit einem Taktwechsel aufwartet? Wer käme auf die Idee, ein solches Lied ausgerechnet für Kinder zu schreiben?

Als Wolfgang Richter im November 1959 das »Sandmann-Lied« komponierte, ahnte er nicht, dass er einen Klassiker für Generationen geschaffen hatte. (Gewiss, diese Formulierung ist paradox: Was einen Klassiker macht, ist ja nichts anderes, als dass er seine Wirkmächtigkeit über viele Generationen behaupten kann.) Und ja, von genau diesem Lied ist hier die Rede. Was wir dem Komponisten (1928-2004) darüber hinaus zu danken haben, lohnte gewiss eine eigene Monographie, kann und soll hier aber skizziert werden.

Kammermusikalische Werke für Kinder haben sich erst spät, etwa im 19. Jahrhundert, als eigenständige kompositorische Gattung etabliert. Prokofjews »Peter und der Wolf« mag einen Höhepunkt markieren; was der Serien-Elefant Benjamin Blümchen so trällert, ist der Rede kaum wert. Damit sollen zwei Pole markiert sein, zwischen denen sich jedes Kinderohr seine akustische Heimat sucht: auf der einen Seite die unverwechselbare Tonsprache eines Komponisten von Weltrang, auf der anderen die formale und inhaltliche Schlichtheit eines Industrieprodukts für Kinderzimmer.

Versuchen wir also eine Einordnung des so DDR-typischen »Richter-Sounds«, wie er sich auf Schallplatten

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