WM 2006 »mutmaßlich gekauft«

Spiegel: Für den WM-Zuschlag soll Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen sein

  • Lesedauer: 3 Min.
Der »Spiegel« will herausgefunden haben, dass die Vergabe der Fußball-WM 2006 nach Deutschland gekauft war. Der heutige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach soll eingeweiht gewesen sein.

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland soll nach »Spiegel«-Informationen »mutmaßlich gekauft« worden sein. Das Bewerbungskomitee habe eine schwarze Kasse eingerichtet, die der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus heimlich mit 10,3 Millionen Schweizer Franken (damals 13 Millionen Mark) gefüllt habe, heißt es in den Berichten des Nachrichtenmagazins.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bestreitet die Vorwürfe. Am Freitagnachmittag hatte die DFB-Kommunikationsabteilung mit einer kryptischen Presseerklärung überrascht: Man habe sich »aufgrund der immer wieder auftretenden Mutmaßungen in den Medien intern mit der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 befasst«, hieß es darin. Im Rahmen seiner Prüfungen habe der DFB keinerlei Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gefunden, allerdings habe sich gezeigt, dass 6,7 Millionen Euro, die der DFB im April 2005 an die FIFA überwiesen habe »möglicherweise nicht dem angegebenen Zweck (FIFA-Kulturprogramm) entsprechend« verwendet wurden.

Am Nachmittag dann lieferte »Spiegel online« erste Informationen über den Rechercheerfolg seines gedruckten Magazins. Demnach hätten »allem Anschein nach« der Chef des Bewerbungskomitees, Franz Beckenbauer, und spätestens seit 2005 der heutige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, sowie weitere hochrangige Fußballfunktionäre von der schwarzen Kasse gewusst. Das Geld soll der 2009 verstorbene Louis-Dreyfus dem deutschen Bewerbungsteam vor der WM-Entscheidung am 6. Juli 2000 als Privatmann geliehen haben.

Nach Spiegel-Angaben tauchte es aber weder im Haushalt des Bewerbungskomitees noch später, nach dem Zuschlag für Deutschland, im Haushalt des Organisationskomitees (OK) auf. Gut eineinhalb Jahre vor der WM forderte Louis-Dreyfus die Summe allerdings zurück, nunmehr 6,7 Millionen in Euro. Für die Rückzahlung habe das WM-OK mit Beckenbauer und dem geschäftsführenden Vizepräsidenten Niersbach 2005 den Umweg über ein FIFA-Konto gewählt, heißt es in dem Bericht. Laut Spiegel flossen die 6,7 Millionen Euro getarnt als deutscher Beitrag für eine »damals noch geplante, später abgesagte FIFA-Eröffnungsgala im Berliner Olympiastadion«. Von dem FIFA-Konto sollte es an Louis-Dreyfus weitergeleitet werden.

Im Bericht heißt es weiter, das Darlehen sei eingesetzt worden, um die Stimmen der asiatischen Vertreter im 24-köpfigen FIFA-Exekutivkomitee zu sichern. Die vier Asiaten hatten zusammen mit den Europäern bei der Wahl im Juli 2000 für Deutschland gestimmt. Weil außerdem der Neuseeländer Charles Dempsey beim letzten Wahlgang überraschend nicht abstimmte, siegte Deutschland mit 12:11 Stimmen gegen Südafrika.

Die immer wiederkehrenden Gerüchte über einen gekauften Zuschlag für die WM 2006 dementierte Niersbach im vergangenen Juni im ZDF. »Ich darf immer daran erinnern, dass wir die absolut beste Bewerbung hatten. Das hat uns die FIFA von einer unabhängigen Kommission bescheinigt. Es hat eine Abstimmung gegeben mit 12:11. Wir wissen, dass die acht Europäer für uns gestimmt haben. Wo die vier anderen herkamen, können wir nur spekulieren. Die haben wir überzeugt.«

Niersbach, der zuletzt von manchen als Kandidat für das Amt des FIFA-Präsidenten ins Gespräch gebracht worden war, agierte zum damaligen Zeitpunkt auch als Pressechef des Organisationskomitees, dem Beckenbauer vorstand. Im Aufsichtsrat des WM-OK saßen damals auch der heutige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, der ehemalige Innenminister Otto Schily und Finanzminister Wolfgang Schäuble. SID/nd

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