Niersbach duckt sich weg
Der Druck auf den DFB-Präsidenten in der Debatte um die WM 2006 steigt
Den nach wie vor ungeklärten Fragen um die Vergabe der WM 2006 stellte sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach auch nach der FIFA-Tagung in Zürich nicht, in Bundestrainer Joachim Löw weiß er aber einen prominenten Unterstützer hinter sich: »Auf sein Wort ist zu hundert Prozent Verlass«, sagte Löw in einer Erklärung, die er am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gab.
»Ich erlebe den DFB nun schon seit mehr als elf Jahren, in denen ich für ihn tätig sein darf, als äußerst seriös geführten Verband. Dafür steht für mich in erster Linie Präsident Wolfgang Niersbach, zu dem ich größtes Vertrauen habe und der uns bei der Nationalmannschaft sein Vertrauen auch in Phasen, in denen es mal nicht so gut läuft, immer spüren lässt«, betonte Löw. Dass dieser Umstand nichts mit den aktuell im Raum stehenden Vorwürfen gegen amtierende und ehemalige DFB-Granden zu tun hat, dürfte dem Weltmeistertrainer bekannt sein, so dass die Äußerungen als pflichtschuldiges Bekenntnis zum Chef gelten dürfen.
Niersbach hatte am Montag die Vorwürfe des Nachrichtenmagazins »Spiegel«, die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sei mit Hilfe einer schwarzen Kasse gekauft worden, »kategorisch« zurückgewiesen. In Zürich wollte er sich am Dienstag nach der Dringlichkeitssitzung der FIFA vor zahlreichen TV-Kameras aber nicht äußern und verschwand wie die übrigen Mitglieder der Weltverbands-Exekutive durch die Tiefgarage.
Ob das für Niersbach und den DFB so unschöne Thema auf der Sitzung in der FIFA-Zentrale zur Sprache kam, blieb damit ungewiss. In der Heimat gerät Niersbach indessen auch im eigenen Verband unter Druck. »Die Stimmung ist sicherlich nicht die allerbeste im Augenblick«, sagte Eugen Gehlenborg, Vizepräsident des DFB, der in Düsseldorf erscheinenden »Rheinischen Post« (Mittwochausgabe). »Die erhobenen Anschuldigungen treffen uns alle schwer. Es gibt Dinge, die nun geklärt werden müssen. Es muss eine schnelle und gründliche Untersuchung geben. Das sind wir dem Fußball schuldig.« Er gehe davon aus, »dass die Vorwürfe gegen den DFB zeitnah aufgeklärt werden können. Was schiefgelaufen ist, muss aufgeklärt werden«, betonte Gehlenborg. Diese Meinung vertraten auch seine Kollegen aus den Landesverbänden bei einem Treffen in Frankfurt am Main. Seinen vehementesten Unterstützer hat Niersbach derzeit nur in Joachim Löw: »Ich finde es unfair, wie undifferenziert in den letzten Tagen hier teilweise berichtet wurde, welche Rückschlüsse gezogen wurden, ohne Beweise vorliegen zu haben«, erklärte der Bundestrainer. Er sei »sicher, dass die offenen Fragen geklärt werden«.
Niersbach hatte dem Bewerbungs- und später dem Organisationskomitee der WM 2006 angehört. Der 64-Jährige und der DFB und sind vor allem wegen einer dubiosen Überweisung von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband FIFA in Erklärungsnot.
Ins Zwielicht geraten ist durch die ominöse Zahlung auch Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger. Die »Süddeutsche Zeitung« berichtete am Dienstag unter Berufung auf Informationen aus dem »Führungszirkel des DFB« sogar, der Verband prüfe eine Anzeige gegen Zwanziger wegen des Verdachts der Untreue. Das wies der DFB jedoch umgehend zurück: »Die heute über die Medien verbreitete Meldung, wonach der DFB eine mögliche Anzeige gegen den ehemaligen Verbandspräsidenten Dr. Theo Zwanziger prüfe, ist falsch und entbehrt jeder Grundlage«, sagte der beim DFB für Rechtsfragen zuständige Vizepräsident Rainer Koch der dpa.
Koch verwies auf die externe Untersuchung einer Wirtschaftskanzlei und die interne Prüfung des Kontrollausschusses beim DFB. »Weitere Entscheidungen des DFB-Präsidiums können erst nach Vorliegen von Untersuchungsergebnissen erfolgen«, sagte Koch.
Zwanziger hatte am Montag öffentlich Zweifel am Aufklärungswillen von Niersbach geäußert. Zudem erklärte er, er bitte Niersbach bereits seit drei Jahren um Aufklärung. Dies wies der Mediendirektor des Deutschen Fußball-Bundes, Ralf Köttker in der »Bild«-Zeitung (Dienstagsausgabe) zurück. Köttker sieht vielmehr Theo Zwanziger selbst in der Pflicht: »Wenn es aus Sicht von Dr. Zwanziger etwas aufzuklären gab, dann stellt sich die Frage, warum er es nicht in seiner Amtszeit als Präsident gemacht hat. Zumal er im Organisationskomitee für die Finanzen zuständig war.« Agenturen/nd
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