EU-Kommission: Steuerdeals von Fiat und Starbucks illegal

Firmen müssen bis zu 30 Millionen Euro nachzahlen / Fabio de Masi (LINKE): »Nicht mehr als ein Ablasshandel«

  • Lesedauer: 3 Min.
»Alle Unternehmen, multinational oder auch nicht, müssen ihren gerechten Anteil Steuern zahlen«, so die zuständige EU-Kommissarin. Die Strafzahlungen gehen aber ausgerechnet an Staaten, die die Deals erst ermöglichten.

Brüssel. Der italienische Autobauer Fiat und der US-Kaffeehauskonzern Starbucks müssen wegen illegaler Steuerdeals in Europa jeweils bis zu 30 Millionen Euro nachzahlen. »Alle Unternehmen, kleine wie große, multinational oder auch nicht, müssen ihren gerechten Anteil an den Steuern zahlen«, erklärte die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch in Brüssel. EU-Abgeordnete forderten weitere Schritte gegen die Steuertricks der Großkonzerne.

Die EU-Kommission sieht es als erweisen an, dass Luxemburg der Finanzierungsgesellschaft von Fiat und die Niederlande der Kaffeerösterei der Starbucks-Gruppe selektive Steuervorteile gewährt haben. Die Kommission ordnete an, dass Luxemburg und die Niederlande die von Fiat beziehungsweise Starbucks nicht bezahlten Steuern einfordern und die beiden Unternehmen jeweils 20 bis 30 Millionen Euro nachzahlen müssen. Dadurch sollen unfaire Wettbewerbsvorteile für die beiden Konzerne beseitigt und die Gleichbehandlung mit ihren Konkurrenten wieder hergestellt werden. Der bisherigen Praxis wird zudem ein Ende gesetzt.

Die Kommission hatte im Juni 2014 Ermittlungsverfahren zu Fiat und Starbucks eingeleitet. Im Fokus standen dabei die sogenannten Steuervorabbescheide, in denen Unternehmen von den Finanzbehörden vorab mitgeteilt wird, wieviel Steuern sie zahlen müssen. Das Verfahren ist legal und auch in anderen EU-Staaten an der Tagesordnung.

In den Fällen von Fiat und Starbucks wurden der EU-Kommission zufolge aber für Geschäfte innerhalb der beiden Unternehmensgruppen »die wirtschaftliche Realität außer Acht lassen«. Für Waren und Dienstleistungen seien Verrechnungspreise festgelegt worden, die nicht den Marktbedingungen entsprechen. »Steuervorbescheide, die die Steuerlast eines Unternehmens künstlich verringern, stehen nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang«, teilte Vestager mit. »Sie sind illegal.«

Aus der Sicht des Linken-Europaabgeordneten Fabio De Masi sind die nun angeordneten Nachzahlungen nicht mehr als ein »Ablasshandel«. Die Strafzahlungen gingen »ausgerechnet an Staaten wie Luxemburg, die die Steuervermeidungsdeals organisiert haben«, erklärte er. De Masi forderte, es müssten darüber hinaus auch Strafzahlungen möglich sein.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sprach sich dafür aus, auch die Mitgliedsstaaten zu bestrafen. »Es kann nicht sein, dass nur die Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden«, teilte Ferber mit. »Bei dem Steuerdeal waren schließlich auch die Mitgliedsstaaten beteiligt. Sie dürfen nicht ungestraft davonkommen.«

Die Fälle von Fiat und Starbucks hatten im Zusammenhang mit der sogenannten LuxLeaks-Affäre eine neue Brisanz bekommen. Dabei hatte ein internationales Recherchenetzwerk Ende vergangenen Jahres über hunderte Fälle berichtet, in denen multinationale Konzerne in Luxemburg auf Kosten anderer EU-Länder Steuerzahlungen vermeiden. Sie nutzten dazu Tochterfirmen, die im Prinzip selbst keinen Umsatz machten, und verlagerten auf sie ihre Gewinne aus anderen EU-Staaten.

»Die beiden Fälle Starbucks und Fiat sind nur der Anfang«, sagte Sven Giegold, Abgeordneter der Grünen im EU-Parlament. Es gebe Sonderabsprachen zwischen Konzernen und Steuerverwaltungen in vielen EU-Mitgliedstaaten.

Bei der Kommission sind noch weitere Fälle anhängig, bei denen auf unzulässige Subventionen geprüft wird. Es geht dabei um den Online-Händler Amazon in Luxemburg und den Computerbauer Apple in Irland.

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