Haftstrafe für Betreiber von Neonazi-Website Thiazi.net

Geplante Asylunterkünfte in Rheinland-Pfalz angegriffen / Bericht über Analyse des BKA: 2015 schon über 460 Anschläge auf Asylunterkünfte / Polizei räumt asylfeindlichen Protest vor Flüchtlingsunterkunft in Dresden

  • Lesedauer: 9 Min.

Update 17.00 Uhr: Haftstrafe für Betreiber von rechtsextremer Internetseite Thiazi.net
Der Betreiber eines rechtsextremen Internetforums ist vom Landgericht Rostock zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Als Initiator und Chef der Betreuer der Internetseite »Thiazi.net« und des dazu gehörenden Forums sei er Rädelsführer einer kriminellen Vereinigung gewesen, urteilte das Gericht am Donnerstag. Indem er tausende rechtsextreme Liedtexte und Musikdateien zur Verfügung stellte, habe er sich der Volksverhetzung schuldig gemacht. Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft.

Der 34-jährige ehemalige Hort-Erzieher hatte »Thiazi.net« von 2007 bis zu seiner Verhaftung im Juni 2012 betrieben, um laut Gericht mit rechtsextremen Liedern vor allem Jugendliche für rechtsextremes Gedankengut zu begeistern. Als die Plattform stillgelegt wurde, hatte sie etwa 30.000 Nutzer. Abrufbar waren die Texte von 2300 deutschen rechtsextremen Musikalben sowie mindestens 1380 Musikdateien, in denen unter anderem gegen Ausländer, Juden und Punks gehetzt wurde.

Im Prozess hatte der Angeklagte in seinem Schlusswort um eine Bewährungsstrafe gebeten. Er habe seine »Fehler und Dummheiten« eingesehen. Drei Mittäter aus dem engeren Kreis der Betreiber des Forums wurden bereits im Juni zu Bewährungsstrafen zwischen einem Jahr und drei Monaten sowie zwei Jahren verurteilt.

Update 16.30 Uhr: Neonazis planten Anschläge auf Asylbewerberheime und linke Gruppe
Die von der Polizei in Franken hochgenommene neonazistische Gruppe hatte Anschläge auf Asylbewerberheime und Angehörige des linken Spektrums geplant. Die Beschuldigten hätten in zwei Bamberger Unterkünften für Flüchtlinge unter anderem Sprengsätze werfen wollen, um Angst und Schrecken zu verbreiten, sagte Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager am Donnerstag in Bamberg. Das sogenannte Balkan-Zentrum in Bamberg hätte demnach eines ihrer Ziele sein können. Für die geplanten Taten hätten mehrere der 13 Beschuldigten kiloweise pyrotechnisches Material - darunter sogenannte Kugelbomben - aus Osteuropa bestellt. Dieses besitze eine hohe Sprengkraft und sei ein »höchst gefährliches Explosionsmittel«, das Menschen schwer verletzen oder sogar töten könne.

Bei den Beschuldigten handelt es sich um elf Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 21 und 36 Jahren. Drei von ihnen wurden bereits verhaftet, gegen andere Beteiligte beantragte die Anklagebehörde weitere Haftbefehle. Auch der Organisator der fremdenfeindlichen Nügida-Veranstaltung, eines Pegida-Ablegers, sowie Mitglieder der Kleinstpartei »Die Rechte« seien in Haft genommen worden, berichtet infranken.de.

Bei den Durchsuchungen von zwölf Wohnungen in Ober- und Mittelfranken am Mittwoch stellten die Ermittler mehrere Schusswaffen mit Munition, verbotene pyrotechnische Gegenstände, Baseballschläger, Stichwaffen und rechtes Propagandamaterial sicher. Ermittelt wird unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Vorbereitung eines Explosionsverbrechens und gefährlicher Körperverletzung.

Update 15.30 Uhr: Geplante Flüchtlingsunterkünfte in Rheinland-Pfalz angegriffen

Unbekannte haben in der Eifel und in Ludwigshafen zwei geplante Flüchtlingsunterkünfte angegriffen. In einem ehemaligen Hotel in Landscheid bei Wittlich verwüsteten sie nahezu alle Zimmer und zertrümmerten die Einrichtung, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Der Besitzer habe den Einbruch am Montag festgestellt. Die Feuerwehr musste ein Feuer löschen, das in einem Kamin entzündet worden war und auf davor liegende Kissen übergegriffen hatte. Einen Tag später habe der Eigentümer dann Hakenkreuzschmierereien und rechtsradikale Schriftzüge bemerkt. Der Hotelier gab an, sein Hotel der Verbandsgemeindeverwaltung Wittlich-Land als mögliche Unterkunft für Asylbegehrende angeboten zu haben. Darauf sei er in der vergangenen Woche auch schon persönlich angesprochen worden, berichtet die Tageszeitung »Trierischer Volksfreund«. Die Ermittler prüfen mögliche fremdenfeindliche Motive für die Tat.

In Ludwigshafen versuchten Unbekannte, eine im Bau befindliche Flüchtlingsunterkunft in Brand zu stecken. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei warfen sie in der Nacht zum Donnerstag einen brennenden Gegenstand gegen das Fenster. Es blieb bei rund 2000 Euro Schaden an einem Fertigbauelement. Eine politisch motivierte Tat könne nicht ausgeschlossen werden, erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft. Wie die Tageszeitung »Rheinpfalz« am Donnerstag berichtet, sollen die insgesamt zwei geplanten Unterkünfte auf dem Messplatz trotzdem wie geplant am 2. November bezogen werden.

Update 15.05 Uhr: Reker nimmt Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin an
Die bei einem Messerattentat durch einen Rechtsradikalen vor ihrem Wahlsieg schwer verletzte Henriette Reker hat ihr Amt als neue Oberbürgermeisterin von Köln angenommen. Die 58-Jährige unterzeichnete am Donnerstagmittag die Annahmeerklärung, wie die Stadt Köln mitteilte. Nach dem Messerangriff vom Samstag befindet sich die parteilose Reker derzeit noch in stationärer Behandlung in einem Kölner Krankenhaus. Die bisherige Kölner Sozialdezernentin seit weiter »auf dem Wege der Besserung«, hieß es in der Mitteilung der Stadtverwaltung.Reker hatte am Tag nach dem Messerangriff bei der Kölner Oberbürgermeister-Wahl 52,7 Prozent der Stimmen und damit die im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit erreicht. Mit der Annahme der Wahl trat die 58-Jährige am Donnerstag offiziell die Nachfolge des bisherigen Kölner OB Jürgen Roters (SPD) an.

Update 12.15 Uhr: Grüne: Hatte Reker-Attentäter Verbindung zum Geheimdienst?
Der innenpolitische Sprecher der Grünen Fraktion im Bundestag, Volker Beck, hat die Bundesregierung zu möglichen Verbindungen zwischen dem Attentäter auf die Kölner Obergürgermeisterin Henriette Reker und dem Verfassungsschutz befragt. Hintergrund sind Informationen, nach denen die Bundesagentur für Arbeit die Akten von Frank S. als geheim einstufte. In Becks Erklärung zur Kleinen Anfrage heißt es, das habe ihn »hellhörig« gemacht, und weiter: »Wir erwarten von der Bundesregierung, dass alle Informationen der Landesämter für Verfassungsschutz und des Bundesamts für Verfassungsschutz offengelegt werden, die Frank S. betreffen.« Dem »Kölner Stadtanzeiger« zufolge wurde die Akte erst nach dem Attentat auf die neu gewählte Bürgermeisterin Henriette Reker gesperrt.

Update 11.10 Uhr: Polizei räumt asylfeindlichen Protest vor Flüchtlingsunterkunft in Dresden
Die Polizei hat einen asylfeindlichen Protest vor einer als Flüchtlingsunterkunft geplanten Turnhalle in Dresden-Übigau geräumt. Sechs Menschen, die eine Blockade errichtet hatten, seien weggetragen worden, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag vor Ort. Seit Tagen hatten fremdenfeindliche Asylgegner den Zugang zur Turnhalle blockiert, um den Einzug von Flüchtlingen zu verhindern. Rund 100 Beamte waren am Donnerstagmorgen im Einsatz, alles sei ruhig geblieben, erklärte ein Sprecher. Das Gelände wurde von der Polizei mit Bauzäunen abgesperrt. Kurz nach der Räumung trafen am Vormittag die ersten rund 40 Asylsuchenden ein.

Kurze Zeit später hätten die Betroffenen die Unterkunft wieder verlassen, weil sie mit den Bedingungen der Unterbringung nicht einverstanden waren, sagte ein Stadtsprecher. Nun werde mit Hilfe eines Dolmetschers das Gespräch mit den Flüchtlingen gesucht, hieß es.

Update 11.00 Uhr: Maas drängt auf hartes Vorgehen gegen neonazistische Gewalttäter
Angesichts der Warnungen des Bundeskriminalamtes (BKA) vor weiterer Gewalt gegen Flüchtlinge drängt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auf ein konsequentes Vorgehen gegen die Täter. »Wer Straftaten begeht gegen Flüchtlinge, Polizisten oder Helfer, der muss auch mit der ganzen Härte des Rechtsstaates rechnen«, erklärte Maas am Donnerstag in Berlin. »Hass, Bedrohung und Gewalt müssen alle Demokraten gemeinsam entschieden entgegen treten.« Der Anstieg der fremdenfeindlichen Gewalt sei beschämend für Deutschland, fügte Maas hinzu.

Update 10 Uhr: Polizei vereitelt womöglich rechtsextremen Anschlag
Mit einer Razzia gegen eine neonazistische Gruppierung in Franken haben Polizei und Staatsanwaltschaft womöglich einen Anschlag verhindert. Das bestätigte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem Bayerischen Rundfunk (BR). »Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen stehen die Täter unter anderem in Verdacht, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben«, hieß es am Donnerstag auch in einer Mitteilung seines Ministeriums. Weitere Details zu der Razzia vom Mittwoch würden am Nachmittag in Bamberg bekanntgegeben. Drei Mitglieder der Gruppierung waren nach der Razzia am Mittwoch verhaftet worden. Die Männer hatten laut BR kiloweise Feuerwerkskörper aus Osteuropa bestellt. Die Pyrotechnik sei jedoch durch die Polizei abgefangen worden. Außerdem seien bei der Aktion, an der unter anderem fast 90 Polizeibeamte beteiligt waren, unter anderen auch eine Schusswaffe und weitere gefährliche Gegenstände sichergestellt worden. Vertreter des rechtsextremen Spektrums hatten in Bamberg für den 31. Oktober eine Demonstration »gegen Asylmissbrauch« geplant.

BKA befürchtet noch mehr rechten Terror

Berlin. Flüchtlinge und deren Helfer geraten laut Bundeskriminalamt (BKA) zunehmend in das Visier neonazistischer und rassistischer Gewalttäter. Das ergibt sich aus einer vertraulichen Lagebewertung, die wenige Tage vor dem Anschlag auf die inzwischen gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker entstanden sei, berichten mehrere Medien. Es sei davon auszugehen, dass die rechte Szene ihre »Agitation« gegen die Asylpolitik weiter verschärfe, schreibe das BKA. Das ansonsten »sehr heterogene rechtsextremistische Spektrum« finde hier einen »ideologischen Konsens«.

Das BKA vermerke laut dem Bericht, dass es wegen der steigenden Flüchtlingszahlen in Deutschland noch sehr viel mehr Asylunterkünfte gebe und damit »Tatgelegenheiten« für neonazistische und ausländerfeindliche Terroristen. Neben Brandstiftung griffen die Täter zu Waffen wie Zwillen mit Stahlkugeln und Holzknüppeln sowie Buttersäure, heißt es in einem gemeinsamen Bericht von »Süddeutsche Zeitung« sowie NDR und WDR. Die Angriffe auf Asylunterkünfte würden weiter stark ansteigen, vermutet das BKA. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres waren es 461 Taten, bei denen die Behörde einen rechten Hintergrund annimmt, schrieben die Medien. Damit habe sich die Zahl der Delikte gegenüber dem gesamten Vorjahr mehr als verdoppelt.

Die meisten Angriffe verzeichnete das BKA im August. Nordrhein-Westfalen führt mit 121 Delikten die Statistik an, Sachsen folgt mit 57 Straftaten. Sogar bewachte Heime würden angegriffen.

In dem Bericht wird zudem auf eine Analyse des BKA zum Hintergrund der Tatverdächtigen verwiesen: 228 seien namentlich bekannt, 14 von ihnen begingen gleich zwei oder sogar drei solcher Straftaten. Rund 200 stammten aus der Nachbarschaft der Anschläge oder lebten im regionalen Umfeld. Die Attentäter sind meist Anfang 20, über 40 Prozent sind Alleintäter, in etwa der Hälfte handelten sie aus einer Gruppe heraus. Ein Drittel der Tatverdächtigen seien der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen lassen. Agenturen/nd

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