Bamberg: Neonazis planten offenbar mehrere Anschläge
Asylunterkünfte und linke Gruppe als Ziele / Beschuldigte stammen aus Umfeld der Kleinstpartei »Die Rechte« und des Pegida-Ablegers Nügida / Mehrere Kilo Sprengstoff sichergestellt / Staatsanwaltschaft: Gruppe ist »ernst zu nehmen und gefährlich«
Bamberg. Die von der Polizei in Franken zerschlagene rechtsextreme Gruppierung hatte Anschläge auf Asylbewerberheime und Angehörige des linken Spektrums geplant. Die Beschuldigten hätten unter anderem Sprengsätze in zwei Bamberger Unterkünfte für Flüchtlinge werfen wollen, um dort Angst und Schrecken zu verbreiten, sagte Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager am Donnerstag in Bamberg. Das Zentrum für Asylbewerber aus Balkanländern in Bamberg hätte demnach Ende Oktober eines ihrer Ziele sein können.
Für die geplanten Taten hätten mehrere der 13 Beschuldigten kiloweise pyrotechnisches Material aus Osteuropa bestellt - darunter sogenannte Kugelbomben aus Polen. Diese besäßen eine hohe Sprengkraft und seien »höchst gefährliche Explosionsmittel«, die Menschen schwer verletzen oder sogar töten könnten.
Bei den Beschuldigten handelt es sich um elf Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 21 und 36 Jahren. Drei von ihnen wurden verhaftet, gegen weitere Beteiligte hat die Anklagebehörde Haftbefehle beantragt. Fünf der am Mittwoch Festgenommenen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Bei den Durchsuchungen von zwölf Wohnungen in Ober- und Mittelfranken stellten die Ermittler mehrere Schusswaffen mit Munition, verbotene pyrotechnische Gegenstände, Baseballschläger, Stichwaffen und rechtes Propagandamaterial sicher - beispielsweise eine große rote Hakenkreuzfahne. Ermittelt wird unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Vorbereitung eines Explosionsverbrechens und gefährlicher Körperverletzung.
Einige der Festgenommenen seien in der Partei »Die Rechte« organisiert, sagte Polizeivizepräsident Werner Mikulasch. Und eine der durchsuchten Wohnungen in Nürnberg gehöre einem Mann, der eine Veranstaltung des Pegida-Ablegers Nügida angemeldet habe.
Ohlenschlager sprach bei den Beschuldigten aus der Stadt und dem Landkreis Bamberg, aus Nürnberg sowie Erlangen von einer »gewalttätigen und gewaltbereiten Gruppe, die von rechtsextremem Gedankengut und dem Kampf gegen linke Gruppen, Ausländer und Asylbewerber geprägt« sei. Sie sei »ernst zu nehmen und gefährlich«. Die Polizei ermittelt bereits seit Anfang 2014 gegen die Neonazis, die Verbindungen zur überregionalen Hooligan-Szene haben. Gegen einige Mitglieder der Gruppe wurde wegen verschiedener Gewaltdelikte bereits Anklage erhoben.
In der vergangenen Woche fingen die Ermittler dann ein Paket ab, in dem mehr als 16 Kilogramm Pyrotechnik war - darunter »Kugelbomben« mit einer Treibkraft von etwa einem Kilogramm. »Wenn diese in ein Auto oder einen kleineren Raum geworfen werden, können Menschen schwer verletzt oder getötet werden«, sagte Mikulasch. Die Gruppe habe das sprengbare Material »kistenweise« in Wohnungen von Dritten gebunkert und so versucht, es vor der Polizei zu verstecken. Laut Ohlenschlager wollte die Gruppe auch ein linkes Veranstaltungslokal überfallen und verwüsten sowie die Menschen darin verletzen.
Mikulasch sagte, die Beschuldigten seien »von Monat zu Monat radikaler und gewaltbereiter geworden«. Man habe daher davon ausgehen müssen, dass die Gruppe ihre Pläne im Zusammenhang mit einer Demonstration am 31. Oktober vor dem Bamberger Balkan-Zentrum oder zumindest in absehbarer Zeit in die Tat umsetze. Viele rechte Gruppen und Parteien erführen derzeit großen Zulauf. »Und die verschiedenen Gruppierungen dieser Szene meiden sich inzwischen nicht mehr, sondern unterstützen sich gegenseitig«, betonte der Polizeivize.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter sagte, der Sprengstoff sei ein weiteres Indiz für die steigende Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene in Bayern. Es sei überfällig, insbesondere die Gruppen »Die Rechte« und »Der Dritte Weg« neu zu bewerten und gegebenenfalls Verbotsverfahren zu starten. »Es gibt mehr als nur Anhaltspunkte, dass beide Organisationen neben ihrer grundsätzlichen Nähe zur Gewalt Nachfolgeorganisationen des verbotenen Freien Netzes Süd sind.«
Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) sagte, er sei sehr besorgt angesichts der Gewaltbereitschaft in rechtsextremen Kreisen. Man werde nun die Ergebnisse der Razzia bei der rechtlichen Prüfung einbeziehen, um den geplanten Aufmarsch der Rechten vor dem Balkan-Zentrum möglicherweise doch noch verhindern zu können. dpa/nd
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