Venezuela liefert Berliner Linksradikalen nicht aus

Bernhard Heidbreder wurde von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, 1995 einen Sprengstoffanschlag auf Abschiebeknast geplant zu haben

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit 20 Jahren befinden sich drei Berliner nach einem missglückten Anschlag auf der Flucht. Einer der Verdächtigen wurde im Juli 2014 in Venezuela verhaftet. Das sozialistische Land liefert ihn nicht aus.

Die zuständige Strafkammer des Obersten Gerichtshofs in der venezolanischen Hauptstadt Caracas hat sich Zeit gelassen. Über ein Jahr prüfte das Gericht das Auslieferungsgesuch der Bundesrepublik Deutschland gegen Bernhard Heidbreder, der im Juli 2014 in dem südamerikanischen Land von der dortigen Polizei festgenommen worden war. Dem ehemaligen Berliner Heidbreder und zwei weiteren Personen wird von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe vorgeworfen, als Mitglieder der linken Gruppe »D.A.S.K.O.M.I.T.E.E.« an einem Brandanschlag auf eine Bundeswehreinrichtung im brandenburgischen Bad Freienwalde sowie dem im April 1995 missglückten Sprengstoffanschlag auf den im Rohbau befindlichen Abschiebeknast in Köpenick beteiligt gewesen zu sein. Eine Polizeistreife hatte damals auf einem Waldparkplatz ein Auto entdeckt, in dem Sprengstoff gelagert war. Die mutmaßlich Beteiligten tauchten danach ab. Bereits am Montag hatte das Gericht, wie am Mittwoch bekannt wurde, das Auslieferungsgesuchen abgelehnt.

»Zur Begründung führt das Gericht an, dass das Kriterium der beiderseitigen Strafbarkeit nicht erfüllt ist: Der Straftatbestand des Terrorismus existierte in Venezuela zum Tatzeitpunkt nicht. Die übrigen vorgeworfenen Straftaten, also Brandstiftung und die Vorbereitung eines Sprengstoffdelikts, sind nach venezolanischem Recht bereits verjährt«, schreibt die Initiative »dageblieben!« auf ihrer Homepage. Die linksradikale Solidaritätsgruppe hatte sich seit Monaten gegen eine Auslieferung Heidbreders nach Deutschland starkgemacht, und unter anderem Unterstützungspartys in Berlin organisiert.

Nach der Ablehnung des Auslieferungsbegehrens befindet sich Heidbreder in Venezuela allerdings weiter in Haft. Jetzt wird sein Aufenthaltsstatus geprüft. Dass Heidbreder anstrebt, in dem südamerikanischen Land Asyl zu beantragen, bestätigt seine Anwältin Silke Studzinsky: »Das ist das Ziel.« Für die Bundesanwaltschaft ist die Ablehnung der Auslieferung ein Rückschlag, gut möglich, dass sie Akte Heidbreder schließen muss. Bei früheren Anfragen des »nd« zu dem Fall hieß es seitens der Karlsruher Behörde, zu justitiellen Angelegenheiten im Ausland äußere man sich grundsätzlich nicht.

Sollte Bernhard Heidbreder in Venezuela Asyl erhalten, könnte er zurück in die kooperativen Zusammenhänge kehren, denen er sich vor einigen Jahren unter anderem Namen angeschlossen hatte, um den »Aufbau des Sozialismus« zu unterstützen.

Über 20 Jahre nach dem missglückten Sprengstoffanschlag zeichnen sich für den Abschiebeknast in Köpenick derweil gravierende Änderungen ab. Weil Abschiebungen fast nur noch direkt und ohne Inhaftierung durchgeführt werden, steht der riesige und teure Komplex größtenteils leer. Zurzeit wird deshalb geprüft, ob er in eine Unterkunft für Flüchtlinge umgewandelt wird.

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