Prävention wird großgeschrieben
Rot-Grün in Hannover nennt Eckpunkte des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus
Nazikonzerte verhindern, noch ehe die Bands ihre hasserfüllten Texte abspulen, junge Menschen über den Hintergrund brauner Propaganda aufklären: Das sind nur zwei Ziele des künftigen Landesprogramms, das sich SPD und Grüne schon in ihrem Koalitionsvertrag unter dem Motto »kompromisslos gegen Rechtsextremismus« als Aufgabe gestellt hatten. Die Partner bekräftigten seinerzeit, sich »auf allen gesellschaftlichen Ebenen« für Antifaschismus einsetzen zu wollen.
Dies soll auch durch das Programm geschehen, das ein Arbeitskreis entwickelt. Beteiligt an ihm sind mehrere Ministerien, die Staatskanzlei und Wissenschaftler als externe Berater. Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte dazu: Wenn es um Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und menschenverachtende Propaganda geht, müsse die Landesregierung alle Kräfte bündeln, und: »Wir möchten zukünftig noch effektiver verhindern, dass Jugendliche auf rechte Parolen hereinfallen, bevor sie überhaupt wissen können, womit sie es dabei zu tun haben.«
Wie wichtig ein solches Landesprogramm sei, unterstrichen die Regierungsfraktionen von SPD und Grüne, als sie jetzt im Landtag Anregungen zum Inhalt des Konzepts vorlegten. Spätestens seit Erscheinen des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) sei klar geworden, dass Neonazis und andere Rechte menschenfeindliche Ideologie nicht nur propagieren, sondern auch in Gewalt umsetzen. Diese Gefahr gehe an Niedersachsen nicht vorbei. Auch rassistische Angriffe auf geflüchtete Menschen gebe es im Land, gezeigt habe dies beispielsweise der Brandanschlag auf ein von Asyl suchenden Menschen bewohntes Haus in Salzhemmendorf bei Hameln.
Präsent, so die Koalitionäre, sei die extreme Rechte in Niedersachsen unter anderem in »freien Kameradschaften« und in »völkischen« Vereinen. Sichtbar werde braune Aktivität auch alljährlich in Bad Nenndorf, wenn dort Neonazis mit sogenannten Trauermärschen geschichtsrevisionistische Propaganda betreiben.
Im Landesprogramm, so fordern SPD und Grüne, soll das Mitwirken der Schulen verankert werden. In ihnen müsse schon sehr früh die Prävention gegen antidemokratisches Gedankengut beginnen. Erprobte Projekte wie die »Schulen ohne Rassismus - Schulen mit Courage« hätten bewiesen, dass das Sensibilisieren junger Menschen für die Gefahr von rechts nicht nur große Bedeutung hat, sondern auch gut funktionieren kann. Darüber hinaus müsse gerade den Schulen, an denen es bereits rechtsextreme Vorfälle und »rechtsaffine Stimmungen« gibt, ein gutes Beratungsangebot gemacht werden.
Ein solches möge das Programm auch für Menschen vorsehen, die unter rechtsextremer Gewalt oder Diskriminierung zu leiden hatten. »Aufsuchende Arbeit« einer Beratungsstelle könne den Opfern wertvolle Hilfe bieten. Ohne eine solche Unterstützung bleibe bei den Betroffenen oft das Gefühl, mit Gewalt und Bedrohung allein gelassen zu werden, mahnt die Koalition. Durch die Arbeit einer Beratungsstelle könne zudem »das Dunkelfeld in diesem Bereich« aufgehellt werden.
Als wichtigen Partner bei der Aufklärungsarbeit möchte Rot-Grün die neue Landeszentrale für Politische Bildung in das Landesprogramm aufgenommen sehen. Die im Jahr 2004 von CDU und FDP abgeschaffte Institution wird im kommenden Jahr wieder belebt. Seither wurde deren Aufgabe - die parteipolitisch neutrale politische Bildungsarbeit in der Gesellschaft - zum Teil direkt vom Landesamt für Verfassungsschutz übernommen.
Noch eine Reihe weiterer Anregungen zum Programm enthält das rot-grüne Papier. Es wird nun, ehe der Landtag darüber abstimmt, im Fachausschuss diskutiert.
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