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Weihnachtsmanngläubig?

Thorsten Nesch und Dirk Hennig haben den Geschenkebringer erwischt

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 3 Min.

Jo ist ein Genie, das darf man ruhig schon einmal vorweg berichten. Ein sechsjähriges Genie übrigens, das bereits mit elf Monaten seinen Namen schreiben konnte. Die Mama des anstrengenden, aber hochbegabten Kindes hatte damals gleich begriffen, dass das Aufmalen dieser zwei Buchstaben im Krabbelalter ein Signal für allerlei Ungewöhnliches war, was auf die kleine Familie im Laufe der Jahre zukommen würde.


Thorsten Nesch: Die Weihnachtsmannfalle.
Ill. v. Dirk Henning. Rowohlt Taschenbuch Verlag. 46 S., geb., 7,99 €.


Sie sollte recht behalten. Ein von Jo erkanntes oder inszeniertes Wunder jagte das andere. Fast hatten sich schon alle daran gewöhnt, auch der kleine Bruder, eine ganz besonders beliebte Projektionsfläche des Genius familiare. Der musste es schon mal aushalten, wenn der Erstgeborene testen wollte, wie viel mehr als einhundertundzwanzig grüne Gummibärchen in den kleinen Mund hineinpassen, oder ob so ein Kindergartenkind auch dann noch mit dem Strohhalm Sprudelwasser trinken kann, wenn es Kopfstand macht und Jo die Füße festhält. Jo findet alle seine Erkenntnisse unverzichtbar und nahezu jeden Vorgang im Leben irgendwie interessant. Sogar die Schule. Er wundert sich höchstens, dass die Mama immer gleich panisch wird, wenn er seine Experimente auf den Bruder ausweitet. Oder über die Aufregung beim Papa, wenn sich dessen iPad in der Mikrowelle dreht und kleine Blitze zucken, bis es rot glüht und sich schließlich schwarz aus dem Familienleben verabschiedet.

Thorsten Nesch erzählt die Geschichte des neugierigen Kindes aus der Ich-Perspektive wie in einem einzigen langen Satz, der auf Seite 7 anfängt und auf Seite 46 aufhört. Man möchte das Ende auch gar kein bisschen früher erleben, denn die Geschichte ist kurzweilig, lustig und ungewöhnlich. Zwischendurch spürt man förmlich, wie Jo hin und wieder mal Luft holen muss, um seine Abenteuer, die meistens komisch enden und filmreife Dialoge enthalten, ausführlich schildern zu können. Diesem Kind verzeiht man gern einige altkluge Sätze, die es sicher bei Erwachsenen aufgeschnappt hat. Sein Erfinder ist jedenfalls ein begabter Schreiber, der einen Preis für einen Jugendroman erhielt, und die Illustrationen von Dirk Henning treffen den humoristischen Ton der Schilderungen auf den Punkt.

Der Höhepunkt der Geschichte ist Jos Untersuchung in Sachen Weihnachten. Manche seiner Mitschüler sind nämlich weihnachtsmanngläubig und manche nichtweihnachtsmanngläubig. Welche der beiden Gruppen nun recht hat, können weder die Eltern noch die Lehrerin plausibel beantworten. Alle drucksen sie nur herum. Das ist wirklich ein Fall für unser Genie. Und selbstverständlich beantwortet es diese wichtige Lebensfrage, damit sie nicht jedes Jahr um diese Zeit wieder aufs Neue gestellt werden muss. Für seine Weihnachtsmannfalle braucht Jo einen Fußball, den Kirschbaum, den Geschenkesack und ... Onkel Sascha.

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