VW-Leiharbeiter müssen für Abgas-Skandal zahlen
Konzern streicht 300 Leiharbeiterstellen im Werk für Nutzfahrzeuge / 500 Zeitarbeiter werden nur um drei Monate verlängert / Wachsende Arbeitsplatzsorgen / Betriebsrat: Vorstand soll auf Bonuszahlungen verzichten
Update 15.00 Uhr: Osterloh: VW muss für Klarheit bei Leiharbeitern sorgen- Vorstand soll auf Bonuszahlungen 2016 verzichten
Der Vorsitzende des Volkswagen-Gesamtbetriebsrats, Bernd Osterloh, fordert Klarheit über die Zukunft der Leiharbeiter im Unternehmen. Der VW-Vorstand müsse zeitnah eine »ehrliche Ansage« für die Leiharbeiter machen, erklärte Osterloh am Mittwoch auf einer Betriebsversammlung vor rund 20.000 Beschäftigten im VW-Werk in Wolfsburg. Die Leiharbeitsfirma Autovision forderte der Betriebsratschef auf, nach Einsatzmöglichkeiten für die Mitarbeiter »außerhalb des VW-Konzerns« zu suchen.
»Wir finden, dass ist das Mindeste, was wir erwarten können. Es muss für schlechte Zeiten vorgesorgt werden!«, erklärte Osterloh. Zugleich gab er mit Blick auf die Leiharbeit am Standort Wolfsburg kurzfristige Entwarnung: Die Stellen der Leiharbeiter dort seien zumindest für das erste Quartal gesichert.
VW-Leiharbeiter müssen für Abgas-Skandal zahlen
er Volkswagen-Konzern entlässt nach dem Abgas-Skandal einem Bericht zufolge an einem ersten Standort Leiharbeiter. Im Werk für Nutzfahrzeuge in Hannover sollen die Verträge von rund 300 Leiharbeitern Ende Januar auslaufen, wie die »Hannoversche Allgemeine Zeitung« (Mittwochsausgabe) berichtete. Damit solle etwa jede dritte Leiharbeitstelle an dem Standort wegfallen. Die Verträge von weiteren 500 Zeitarbeitern seien zunächst nur um drei Monate verlängert worden.
VW-Nutzfahrzeug-Chef Eckhard Scholz habe auf einer Betriebsversammlung am Mittwoch den schwachen Absatz beim Pick-up Amarok für den Personalüberhang verantwortlich gemacht, berichtete die Zeitung weiter. Die Zahl der Schichten solle halbiert werden.
Bei Volkswagen bangen Beschäftigte wegen der Abgas-Affäre zunehmend um ihre Arbeitsplätze. Zu der zweiten Betriebsversammlung seit Ausbruch des Diesel-Debakels im September kamen nach Betriebsratsangaben bis zu 20 000 Mitarbeiter. Teilgenommen haben auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und der komplette Vorstand um VW-Chef Matthias Müller.
Wachsende Arbeitsplatzsorgen
Überschattet wurde das Treffen von wachsenden Arbeitsplatzsorgen. »Seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals sind beinahe elf Wochen vergangen. Ich kann Euch nur sagen: Das waren genauso wie für Euch auch für mich elf harte Wochen«, betonte Betriebsratschef Bernd Osterloh. Bei vielen Mitarbeitern seien die Sorgen zuletzt nicht kleiner geworden. Vor allem Leiharbeiter mit Zeitverträgen fürchten um ihre Zukunft bei VW. Auch die Ankündigung, dass die rund 120 000 festen Beschäftigten im VW-Haustarif auf die sonst üblichen üppigen Bonuszahlungen verzichten müssen, belastet die Stimmung - ebenso wie der Beschluss verlängerter Weihnachtsferien mit längeren Produktionspausen. Die Solidarität mit den Leiharbeits-Kollegen sei groß: »Das ist menschlich nicht schön.«
»Es ist natürlich schade, dass man den Bonus nun nicht bekommt«, sagte ein VW-Mitarbeiter der dpa. Es sei zwar eine Frage der Zeit gewesen, bis die Ausschüttung - zehn Prozent des operativen Ergebnisses der Pkw-Kernmarke - auch wieder einmal geringer ausfalle. »Aber dass das jetzt aufgrund solcher Umstände passieren muss, ist schon extrem bedauerlich. Da gibt es schon eine gewisse Wut.«
Volkswagen hatte im September zugeben müssen, dass weltweit bei rund elf Millionen Dieselfahrzeugen eine Manipulations-Software eingesetzt wurde, die den Ausstoß von Stickoxiden im Testbetrieb als zu niedrig auswies. Anfang November gestand das Wolfsburger Unternehmen zudem ein, dass bei vermutlich rund 800.000 seiner Autos der tatsächliche Ausstoß des klimaschädlichen Gases CO2 höher ist als angegeben. dpa/nd
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