Die Mär vom falschen Syrer

Anfrage der Linksfraktion: Bisher lediglich 116 syrische Pässe bei Kontrollen beanstandet / Ulla Jelpke: Populistische Behauptungen des Innenminister widerlegt

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Thomas de Maizière (CDU) hat schon vieles zur aktuellen Flüchtlingskrise gesagt. Eine seiner zahlreichen Äußerungen blieb allerdings nicht nur in rechtspopulistischen Kreisen hängen, die damit seitdem die fremdenfeindliche Stimmung im Land immer weiter anheizen. Anfang Oktober ließ sich der Bundesinnenminister zu der zunächst noch vagen Äußerung hinreißen, die Behörden registrierten zunehmend Menschen, die gar nicht aus Syrien stammen, obwohl sie es behaupten«. Wenig später konkretisierte de Maizière diesen Vorwurf in der ARD-Talksendung von Maybritt Illner : »Ungefähr 30 Prozent der Menschen, die jetzt kommen und behaupten, sie wären Syrer, sind aber keine«. Konkrete Quellen für seine Behauptung nannte der Ministers damals nicht und blieb diese auch bis heute schuldig.

Eine Anfrage der Linksfraktion an die Bundesregierung fand nun heraus: Die vom Innenminister genannte Zahl wird noch nicht einmal durch Erkenntnisse der Bundesregierung auch nur annähernd gedeckt. In den ersten acht Monaten dieses Jahres beanstandeten deutsche Behörden in gerade einmal 116 Fällen syrische Reisepässe. Die LINKEN-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelkpe weist darauf hin, dass selbst diese Zahl noch übertrieben sein dürfte, da es sich nicht bei allen gezählten Beanstandungen nicht zwingend um Fälschungen handelt.

Ohne die Spur eines Beweises habe de Maizière seine »populistische Mär« in die Welt gesetzt, kritisiert Jelpke und warnt: »Solche haltlosen Unterstellungen sind Wasser auf die Mühlen von Nazis, Rechtsextremen, AfD & Co.«

Ganz neu ist die Erkenntnis über die steilen Thesen des Innenministers nicht. Bereits im Oktober hatte das ARD-Politmagazin »Panorama« erhebliche Zweifel an den Darstellungen de Maizière geweckt, indem es beim Bundesinnenministerium nach den Quellen für Zahlen über gefälschte syrische Pässe fragte. Die Antwort überraschte: Es handele sich lediglich um eine Schätzung, die wiederum auf Erhebungen der Bundespolizei, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der EU-Grenzschutz-Agentur Frontex beruhten. Allerdings stellte sich heraus, dass etwa die Bundespolizei derartige Statistiken überhaupt nicht erhebt.

Auch bei Frontex wusste man von nichts: Wie die EU-Grenzschutzagentur mitteilte, gibt es auch bei ihnen keinerlei derartigen Erhebungen. Mitarbeiter der Behörde hätten bei Kontrollen zwischen der Türkei und Ungarn, Griechenland und Italien lediglich 170 Fälschungen festgestellt. In achtzig Prozent der Fälle seien die kontrollierten Personen allerdings tatsächlich Syrer gewesen, die lediglich keine Möglichkeit sahen, in ihrer vom Bürgerkrieg zerstörten Heimat an ein offizielles Ausweisdokument zu gelangen.

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