Ende des Zweiparteiensystems in Spanien

Bei den Regionalwahlen im Dezember zittern Konservative vor Ciudadanos und die Sozialisten vor Podemos

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Die spanischen Parlamentswahlen stehen unter dem Eindruck des katalanischen Wegs in die Unabhängigkeit.

Der spanische Staat verändert sich, und das zeigt sich deutlich vor den Parlamentswahlen am 20. Dezember. Der Wahlkampf begann am Wochenende. Regionalwahlen in diesem Jahr zeigten bereits, dass das Zweiparteiensystem bald der Geschichte angehören wird. Die beiden großen Parteien konnten noch im März im bevölkerungsreichsten Andalusien trotz starker Verluste knapp das Gesicht wahren. Die Wahlen in vielen Regionen, die mit Bundesländern vergleichbar sind, zeigten jedoch, dass die regierende konservative Volkspartei (PP) im rechten Lager vor den »Ciudadanos« (Bürger) zittern muss und die PSOE der Sozialisten vor »Podemos« (Wir können es).

Hatten Umfragen zeitweise Podemos einen möglichen Wahlsieg prognostiziert, scheint derzeit der Aufstieg der Ciudadanos (C's) ungebremst, die sich als liberale Alternative anzubieten versucht. In einigen Umfragen liegen PP, PSOE und C's mit jeweils etwa 22 Prozent fast gleichauf, während Podemos mit etwa 17 Prozent abfällt. Die Vereinte Linke (IU) wäre froh, wenn sie in die Nähe jener 6,9 Prozent käme, die sie 2011 erzielen konnte. Podemos hatte einem Bündnis mit ihr eine Absage erteilt und könnte das noch bereuen.

Wie nie zuvor kommt es nun darauf an, Unentschlossene zu überzeugen. Denn 40 Prozent aller Wähler haben sich noch nicht festgelegt. Nach den Umfragen ist klar, dass die PP weit entfernt von ihrer absoluten Parlamentsmehrheit bleiben wird. Aber sie kann die Wahlen gewinnen, da es nach dem Wahlgesetz großen Parteien zugute kommt, wenn sich Formationen wie Podemos und IU aufsplittern. Damit könnte sich wiederholen, was nach den Wahlen in der wichtigen Hauptstadtregion Madrid geschah: Die PP konnte sich mit Hilfe der C's an der Macht halten.

Das schließt deren Spitzenkandidat Albert Rivera aus. Doch erscheint das so fragwürdig wie der Versuch, sich als Partei der Mitte zu geben. Er kommt aus der PP und auf den Listen der C's finden sich sogar etliche Rassisten und Rechtsradikale. Überall, wo es möglich war, verhalfen sie nach den Wahlen im Mai der PP wieder an die Macht. Obwohl sie sich als Antikorruptionspartei verkauft, verhalf sie auch der von Korruption zerfressenen PP in der Hauptstadtregion an die Macht, wo sie in diverse Skandale verwickelt ist.

Der nationalistische Rivera punktet mit dem Konflikt um Katalonien, der den Wahlkampf stark überlagert. Dessen Parlament hatte nach den plebiszitären Neuwahlen im September dann im November mehrheitlich beschlossen, sich auf den Weg in die Unabhängigkeit zu machen. So war es den Wählern versprochen worden. In Rekordzeit wurde die entsprechende Resolution aber vergangene Woche vom spanischen Verfassungsgericht gekippt. Sonst braucht es viele Jahre für ein Urteil.

Die Befürworter der Unabhängigkeit hatten in ihrer Resolution diesem Gericht jede Kompetenz abgesprochen und erklärt, der Prozess werde fortgesetzt. In dessen Zentrum steht die linksradikale CUP, die zu den spanischen Wahlen nicht antritt. Sie verhindert die Regierungsbildung in Barcelona, da sie Artur Mas nicht erneut als Regierungschef sehen will. Dieser war für Einschnitte ins katalanische Sozialsystem verantwortlich und seine Christdemokraten sind in Korruptionsfälle verwickelt.

Der Druck auf die Antikapitalisten ist aber gestiegen. Der ehemalige CUP-Chef David Fernandez machte nun einen Kompromissvorschlag. Zwei der zehn CUP-Stimmen für Mas, um den Prozess nicht zu blockieren und eine klare Botschaft der Einheit nach Madrid zu senden. Dafür müsse aber ein »reales und konkretes Schockprogramm« gegen Armut und soziale Ungleichheit aufgelegt werden.

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